Ungebrauchte Ware ist nicht immer auch „neu“

Ungebrauchte Ware darf nicht immer auch als „neu“ angeboten und beworben werden. Das entschied OLG Saarbrücken zu einem Angebot von Kugellagern für Kraftfahrzeuge, welche vor mehr als 20 Jahren hergestellt und unter unbekannten Bedingungen gelagert wurden.

In dem Fall hatte ein Händler bei eBay Radlager für einen PKW eingestellt und diesen bezeichnet mit „Artikelzustand: Neu“. Die Verpackung stammte jedoch aus der Zeit vor 1990. Die Kugellager waren dabei weder mit einem Produktions- noch mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum versehen.

Nachdem das LG Saarbrücken den Händler zur Unterlassung verurteilt hatte, musste das OLG Saarbrücken im Berufungsverfahren entscheiden, ob diese Produkte noch als „Neu“ angeboten werden durften.

Das Gericht entschied, dass die zulässige Berufung unbegründet war (Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 02. April 2014, Az. 1 U 11/13) und führt hierzu aus:

„Zwar genügt allein deren Alter nicht zur Irreführung. Maßgebend ist vielmehr, ob die Sache gebraucht ist, durch die zwischenzeitliche Lagerung einen Schaden erlitten hat oder nicht mehr in dieser Form, sondern mittlerweile technisch verändert hergestellt wird.“

Durch die Bezeichnung der Produkte als „neu“ werde die Freiheit von Lagerungsschäden suggeriert. Aufgrund des Alters der streitgegenständlichen Kugellager könne dies jedoch nicht ausgeschlossen werden.

„Bezeichnet die Beklagte die Kugellager nämlich als „neu“ suggeriert sie einem Käufer, dass keine Lagerschäden vorhanden sind und die Kugellager unbesehen wie „neue“ verwendet werden können. Dies ist für die betroffenen Verkehrskreise ein für den Gebrauch wesentlicher und damit auch ein wertbestimmender Faktor. Das Fehlen von Lagerschäden kann jedoch nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Vielmehr steigt die Wahrscheinlichkeit von Schäden mit zunehmender Lagerdauer. Bei Kugellagern, die wie vorliegend 19 bzw. 22 Jahre alt sind, muss ein Käufer diese vor Einbau auf ihre nach wie vor gegebene Verwendungsfähigkeit hin überprüfen.“

In den Empfehlungen werde darauf hingewiesen, dass nach einer Aufbewahrungszeit von 3 bis 5 Jahren die Produkte auf Konservierungszustand und Korrosion hin überprüft werden sollten. Ferner sei in allen vorgelegten Lagerempfehlungen auf das Einhalten gewisser Bedingungen hingewiesen (etwa in Bezug auf Luftfeuchtigkeit und Temperaturschwankungen).

„Aus alledem ergibt sich, dass Kugellager nicht zeitlich unbefristet aufbewahrt werden können und dass gewisse Lagerbedingungen einzuhalten sind. Je älter die Lager sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die vorgenannten Bedingungen nicht über den ganzen Zeitraum eingehalten wurden. Gerade bei Kugellagern von um die 20 Jahre liegt dies nahe. Gibt ein Verkäufer dennoch an, die Ware sei „neu“, suggeriert er dem Käufer das Fehlen jeglicher Lagerungsschäden. Dies kann die Beklagte jedoch nicht zusichern, da sie über die bisherige Lagerung keine Informationen hat. Sie selbst gab an, die Ware von einem Großhändler zu beziehen (Bl. 121 d.A.). In solch einem Fall ist vom Verkäufer jedoch ein Hinweis auf diese Umstände zu erwarten. Da die Lagerzeit und die Lagerbedingungen offensichtlich Auswirkungen auf die Gebrauchstauglichkeit haben können und eine Überprüfung vor Verwendung der Kugellager bedingen, muss der Verkäufer seine Kenntnis oder auch Nichtkenntnis über diese vertragswesentlichen Umstände offenbaren. Andernfalls geht der Käufer davon aus, die Kugellager unbesehen verwenden zu können.“

Bei Produkten, welche bereits eine längere Zeit gelagert wurden und nicht ohne vorherige Überprüfung ohne Einschränkungen genutzt werden können, sollte danach ein deutlicher Hinweis auf die lange Zwischenlagerung angegeben werden.

 

Helena Golla