Telefonwerbung Einwilligung sittenwidrig

Das LG Düsseldorf hatte anlässlich eines Streites zwischen Adressvermittler und dem Unternehmen, dass Anrufe auf der Basis dieser Adressen tätigen wollte, über die Zahlungsklage zu den Adressen zu entscheiden. Immerhin wurden fast 94.000 Euro für die Adressen eingeklagt.

Die Richter prüften, ob die während eines Telefonates eingeholte Anruferlaubnis wirksam war und untersuchten auch, ob die zuvor bei einem Gewinnspiel zugunsten von Sponsoren erteilten Anruferlaubnisse ausreichten.

Die Klägerin erwarb von vier Adresshändlern Kundenadressen und nutzte diese für eine telefonische Meinungsumfrage. Am Ende des Gesprächs wurden die Kunden befragt, ob sie mit einem Anruf eines namentlich genannten Anbieters einverstanden wären. Dabei wurde auch eine Telefonnummer angegeben, über die das erklärte Einverständnis jederzeit widerrufen werden konnte. Diese Adresse wurde dann an den Anbieter verkauft (der hier aber nicht zahlen wollte). Generiert wurden die Adressen durch Gewinnspiele, bei denen die Kunden folgenden Text ankreuzen konnten:

„Ja, ich möchte am Gewinnspiel teilnehmen und erteile den in dieser Liste aufgeführten Sponsoren für die jeweils angegebenen Produkte oder Dienstleistungen mein Einverständnis für die Mail-, Post- und/oder Telefonwerbung wie in der Liste angegeben. Das Einverständnis kann ich jederzeit widerrufen.“

(die Sponsoren-Liste war verlinkt).

2,60 Euro pro Adresse für Telefonwerbung

Geliefert werden sollten immerhin 4000 Leads (Adressen mit Einwilligung) pro Monat mit einem Preis zwischen 2,40 Euro und 2,60 Euro pro Lead. Die Beklagte zahlte dann aber die Rechnung von 23.457,– Euro nicht. Es folgten wechselseitige Kündigungen und eine Klage über rund 94.000 Euro einschließlich entgangenem Gewinn.

Die Beklagte wandte ein, die Leads seien für sie wertlos, da sie diese Personen nicht anrufen könne. Es lägen keine wirksamen Einwilligungen vor.

Einwilligung für Telefonwerbung nichtig

Das LG Düsseldorf (Urteil v. 20.12.2013, Az. 33 O 95/13 U) folgte dem Einwand der Bestellerin der Adressen und wies die Zahlungsklage ab. Der geschlossene Vertrag über die Adresslieferung sei nichtig, so die Richter, weil die eingeholte Anruferlaubnis der Kunden, die während der Meinungsumfrage eingeholt worden sei, ebenfalls nichtig gewesen sei.

„Die vermeintliche Zustimmung der Angerufenen wird lediglich durch ein als Meinungsbefragung getarnten Telefonanruf generiert. Derartige, den Sinn und Zweck der Verbraucherrechte umgehende Handlungen, mit dem nämlich der eigentliche Zweck, die Auswahl und die Vorsortierung von Adressmaterial durchzuführen, um den Verbraucher mit telefonischer Werbung belästigen zu können, verschleiert wird, sind jedoch sittenwidrig und nicht geeignet, wirksame Zustimmungen für weitere Anrufe zu erhalten (vgl. dazu OLG Stuttgart GRUR 2002, 457 – Umfrage).“

Anruferlaubnis bei getarntem Zweck nichtig

Dass die Zustimmung nicht wirksam ist, muss man nicht so sehen. Mit dem „ja“ sei jedoch keine wirksame Zustimmung mit dem Anruf und den geplanten weiteren Anrufen erreicht. Dem Verbraucher werde nicht hinreichend deutlich gemacht, dass er sich in „unkontrollierbarer Art und Weise Belästigungen … aussetze“. Auch die Angabe der Telefonnummer zum Widerruf sei nicht geeignet die erschlichene Zustimmung wirksam zu machen. Niemand werde sich diese merken oder aufschreiben.

Telefonisch erteilte Anruferlaubnis

Das Gericht ließ offen, ob überhaupt eine telefonische Zustimmung für einen Werbeanruf ausreichend sein könne, da der Verbraucher hier eben überrascht werden könne:

Der zu jeder Tageszeit mögliche Anruf als solcher stellt bereits ein Eindringen in das verfassungsrechtlich geschützte Gut des Einzelnen dar, da er in seiner Beschäftigung oder in seiner Ruhe gestört wird (so auch Köhler/Bornekamm a.a.aO. Rdn. 137). Der Anrufer wird genötigt, sich mit dem Anrufenden in irgendeiner Form gedanklich oder verbal auseinanderzusetzen. Im Übrigen wird der Angerufene gestört und möglicherweise auch im geringen Umfang seine Zeit unnötig in Anspruch genommen. Der wirksame Persönlichkeitsschutz gebietet es, die Anforderungen an ein wirksames Einverständnis besonders zu betonen, um dem Schutz des Verbrauchers zu genügen. Insbesondere muss der Verbraucher vor jedweder Umgehung oder kreativer Gestaltung der gesetzlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG durch die Anrufer geschützt werden. Damit ist aber bereits eine sehr enge Auslegung der Einverständniserklärung geboten (Köhler aaO. Rdn, 147b).

Getarntes Absatzinteresse bei Meinungsumfrage

Zudem war hier wohl sehr deutlich, dass keine wirkliche Meinungsumfrage durchgeführt wurde. Es ging nur um das getarnte Absatzinteresse der Beklagten. Dies sei bereits dann anzunehmen, wenn Verbrauchergewohnheiten abgefragt würden, um die Angerufenen dann noch individueller mit weitergehenden Anrufen der Klägerin belästigen zu können:

 „Grundsätzlich sind zwar unerbetene Telefonanrufe zu Markt-und meinen Forschungszwecken zulässig, wenn der Anruf weder das beauftragende Unternehmen noch dessen Produkte unmittelbar oder mittelbar erkennbar macht (vgl. dazu Köhler/Bornkamm/Köhler, UWG, § 7 UWG Rdn. 33). Vorliegend ist jedoch zu beachten, dass ein so genannter Sponsor lediglich zu Tarnzwecken genannt wird, um den eigentlichen Empfänger der Adressdaten und seine Produkte zu verdecken.“

Schon die Vorbereitungshandlung sahen die Düsseldorfer Richter als wettbewerbswidrige Handlungen dar, die verboten und sittenwidrig seien (unter Verweis auf OLG München – 29 U 2134/95 – Urteil vom 6. April 1995).

Einwilligung zum Telefonanruf muss transparent sein

Auch die Einwilligungen, die beim Gewinnspiel eingeholt wurden, reichten dem Gericht schon deshalb nicht, weil man habe gesondert auf eine Liste klicken müssen, um feststellen zu können, welchem der Sponsoren diese Daten nun mitgeteilt würden. Der Text müsse auch nicht gesondert unterschrieben werden.

„Grundsätzlich gilt, dass das Ankreuzen des klein gedruckten auf einer Spielkarten nicht ausreicht, um ein generelles Einverständnis mit Telefonanrufen zu Werbezwecken zum Ausdruck zu bringen. Der Verbraucher hat schlicht nicht die Vorstellung, was er mit der Abgabe dieser Erklärung bewirkt. Ein Zusammenhang mit dem Gewinnspielen ist bereits nicht erkennbar. Möglicherweise hat er noch die Vorstellung, dass ihm der Veranstalter des Gewinnspiels weitere Werbematerialien übersenden wird. Dass er aber mit dieser Erklärung seine Zustimmung zu einem kaskadenartigen Weiterverkauf seiner persönlichen Daten abgeben will bzw. abgeben soll, wird ihm nicht deutlich gemacht. Er hat seine Einverständniserklärung praktisch nicht mehr unter Kontrolle. Sie setzt sich durch den unkontrollierten Weiterverkauf seiner Daten fort ohne dass er die Möglichkeit hat, wirksam einen Stopp zu generieren.

Praxishinweis:

Das Urteil geht in einigen grundsätzlichen Aussagen etwas zu weit. Natürlich kann eine wirksame Einwilligung auch im Rahmen eines Gewinnspiels eingeholt werden, auch auf einer Teilnahmekarte. Es kommt darauf an, ob dies transparent erfolgt. Hier kann man dem Ansatz allerdings folgen, wenn dem Teilnehmer über Links der Umfang der Einwilligung praktisch verschleiert wird. Besonders interessant sind die Ausführungen zur Wirksamkeit der Einwilligung, die telefonisch eingeholt wurde. Hier reichte dem Gericht schon das verschleierte Absatzinteresse. Folgen dem andere Gerichte, womit zu rechnen ist, dann kann diese Art der Einholung für Dritte als „gestorben“ betrachtet werden.