Kritische Meinungsäußerungen können dann das Persönlichkeitsrecht verletzen, wenn die Meinung auf unwahren Tatsachen basiert. Das hat das Landgericht Köln entschieden. Vorausgegangen war ein Streit zwischen einem Unternehmen, das im Bereich der Energieversorgung tätig war und einem eingetragenen Verein, der die Interessen von Verbrauchern vertritt.
Dieser ließ in der Tageszeitung „taz“ im Kern die Äußerung verbreiten, dass sich das Unternehmen als Stromanbieter weigere, die EEG-Umlage zu zahlen. Das sei nach Auffassung des Unternehmens schon deshalb unwahr und damit eine falsche Tatsache, weil für sie gar keine Zahlungspflichten bestünden.
Meinung oder Tatsachenbehauptung?
Da der Verein die Äußerung als zulässige Meinung ansah, gab er auf die Abmahnung des Unternehmens keine Unterlassungserklärung ab. Auf Antrag erließ das LG Köln gleichwohl eine einstweilige Verfügung gegen den Beklagten. Auf dessen Widerspruch musste das Kölner Gericht sodann durch Urteil nach mündlicher Verhandlung entscheiden.
Nach Ansicht der Kölner Richter wird durch die Äußerung rechtswidrig in das Persönlichkeitsrecht der Verfügungsklägerin eingegriffen (Urt. v. 25.02.2015 – Az.: 28 O 419/14).
Zunächst wird klargestellt, dass auch das Persönlichkeitsrecht einer juristischen Person, ebenso wie das einer natürlichen Person, Schutz genießt. Letztendlich kommt es auch hier zu einer Abwägung der gegenstehenden Interessen: Die Pressefreiheit steht dem Persönlichkeitsrecht gegenüber.
Im Folgenden war dann zu klären, ob es sich bei der Aussage um eine Tatsachenbehauptung oder ein Werturteil handelte. Tatsachenbehauptungen sind zumindest theoretisch dem Beweis zugänglich und somit wahr oder unwahr, während Werturteile durch das Element der Stellungnahme geprägt sind. Entgegen der Meinung der Verfügungsklägerin handelte es sich nicht um eine Tatsachenbehauptung:
Denn der Verfügungsbeklagte spekuliert ersichtlich über eine – seiner Meinung nach – mögliche Reaktion der Netzbetreiber im Falle einer spekulativ in den Raum gestellten Zahlungsunfähigkeit der Verfügungsklägerin. Hier überwiegen erkennbar die Elemente der Stellungnahme den möglicherweise enthaltenen Tatsachenkern so weit, dass die Äußerung insgesamt als Meinungsäußerung betrachtet werden muss.
Rechtswidrige Persönlichkeitsrechtsverletzung
Gleichwohl sei dem Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Vorrang zu gewähren. Es gebe nämlich keinerlei Grundlage für die Meinungsäußerung der Beklagten, da es unstreitig keine rechtliche Handhabe der Netzbetreiber gibt, die EEG-Umlage von den Endkunden zu erhalten.
Auch wenn schwerpunktmäßig eine Meinung vorliegt, könne die Richtigkeit der tatsächlichen Bestandteile eine Rolle spielen:
Enthält die Meinungsäußerung erwiesen falsche oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen, so wird regelmäßig das Grundrecht der Meinungsfreiheit hinter dem durch das grundrechtsbeschränkende Gesetz geschützten Rechtsgut zurücktreten (vgl. BGH, WRP 2008, 820). Jedenfalls fällt die Richtigkeit des tatsächlichen Äußerungsgehalts, der dem Werturteil zugrunde liegt, regelmäßig bei der Abwägung ins Gewicht (BGH, a. a. O.), was im konkreten Fall zum Überwiegen des Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Verfügungsklägerin führt.
Fazit
Bei kritischen Meinungsäußerungen ist also Vorsicht geboten. Enthält die jeweilige Aussage nachprüfbare Bestandteile, sollte der Äußernde sicherstellen, dass diese wahr sind. Ansonsten sieht er sich möglicherweise einem Unterlassungsanspruch ausgesetzt – selbst wenn es sich insgesamt um ein Werturteil handelt.