Das Landgericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass ein Arztbewertungsportal im Internet unter Umständen für unwahre Einträge haften muss (Urt. v. 05.03.2015, Az.: 2-03 O 188/14).
Bewertungsportale sind oft ein Ärgernis für diejenigen, die bewertet werden. Selbst nicht nachvollziehbare Einträge können meist nicht erfolgreich beseitigt werden, wenn sie nämlich unter die Meinungsfreiheit gem. Art. 5 des Grundgesetzes fallen.
Sachverhalt
Auch im vorliegenden Fall hatte sich eine Ärztin an das nach eigenen Angaben größte deutsche Arztempfehlungsportal gewandt. Bei diesem können sich die Nutzer zu einem Arztbesuch äußern und anhand bestimmter Kriterien Schulnoten vergeben.
Die angebliche Patientin ließ u.a. folgende Bewertung mit dem Titel „Hautkrebsvorsorge Termin. 10 Min. flüchtige…“ veröffentlichen:
„… Ansehung des Körpers.
48 € kassiert und Tschüss.
Wie später erfahren. Behandlungsbedarf an der Stirne lag vor.
Wurde nicht empfohlen.“
Als Gesamtnote wurde 5,6 angegeben. Die Ärztin wandte sich zwecks Beseitigung an das Portal, weil sie den Eindruck hatte, die Bewertung sei von einem ihrer Konkurrenten erstellt worden. Ihr sei kein Fall einer solchen Patientin bekannt.
Nach Prüfung äußerten die Betreiber der Website, dass sie keine Zweifel an der Authentizität hegen. Das Prüfverfahren habe insbesondere durch eine vorgelegte Rechnung ergeben, dass bei der Ärztin tatsächlich eine Hautkrebsvorsorgeuntersuchung stattgefunden habe. Ein Unterlassungsanspruch sei darüber hinaus zu verneinen, da es sich im Kern um eine Meinungsäußerung handele.
Entscheidung
Das Landgericht Frankfurt sah den Anspruch auf Unterlassung als gegeben an. Durch die Veröffentlichung sei das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin verletzt worden. Zwar treffe das beklagte Portal nur eine eingeschränkte Verantwortlichkeit, weil es den Inhalt weder verfasst, noch sich zu Eigen gemacht hat.
Allerdings besteht eine Verantwortlichkeit ab Kenntnis der Rechtsverletzung. Der Webseitenbetreiber muss, wenn er den Beitrag nicht löscht, auf die Aufklärung der Sachlage hinwirken. Das hat das Portal vorliegend nicht ausreichend getan. Nach Ansicht des Gerichts trifft es eine erweiterte, sekundäre Darlegungslast im Hinblick auf die Wahrheit der von ihr verbreiteten Tatsachenbehauptungen. Als solche seien die Aussagen wie „Behandlungsbedarf an der Stirne lag vor. Wurde nicht empfohlen“ nämlich anzusehen.
Die Beklagte habe keine aussagekräftigen Nachweise vorgelegt, aus denen die Klägerin die Authentizität der Bewertungen beurteilen könne. Insbesondere deswegen, weil die vorgelegten Dokumente inhaltlich weitestgehend geschwärzt waren. Der Unterlassungsanspruch besteht daher.
Fazit
Das Urteil zeigt, dass sich Portalbetreiber nicht darauf ausruhen können, Informationen bei dem Äußernden einzuholen und an den Betroffenen weiterzuleiten. Die bestehende sekundäre Darlegungslast verlangt, dass der Bewertete bei Tatsachenbehauptungen anhand von aussagekräftigen Belegen ermitteln kann, ob die Aussagen wahr oder unwahr sind. Geschieht dies nicht, kann ausnahmsweise – jedenfalls ab Kenntnis – eine Haftung gegeben sein.