Das Abspielen von Musik im Hintergrund in Zahnarztpraxen ist keine öffentliche Wiedergabe nach den Regelungen des Urheberrechtsgesetzes. Das hat der BGH laut Pressemitteilung nun in seinem Urteil vom 18.06.2015, Az.: I ZR 14/14 entschieden.
In der Sache ging es darum, dass der beklagte Zahnarzt im Wartebereich seiner Praxis Radiosendungen als Hintergrundmusik abspielte.
Zunächst wirksamen Lizenzvertrag geschlossen
Der Beklagte hatte im Jahr 2003 zunächst mit der Verwertungsgesellschaft GEMA einen urheberrechtlichen Lizenzvertrag über die vergütungspflichtige Wiedergabe von Hörfunksendungen in seiner Praxis geschlossen. Im Jahre 2012 kündigte der Beklagte allerdings den Lizenzvertrag fristlos und begründete dies mit einem Urteil des EuGH vom 15.03.2012, Az.: C-135/10, der darin entschieden habe, dass die Wiedergabe von Hintergrundmusik in Zahnarztpraxen keine öffentliche Wiedergabe darstelle.
Geschäftsgrundlage aufgrund EuGH-Urteil entfallen
Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden, dass der Beklagte den Lizenzvertrag fristlos kündigen konnte, da die Geschäftsgrundlage des Vertrages aufgrund und seit dem Urteil des EuGH entfallen sei.
Der Lizenzvertrag sei zunächst richtigerweise geschlossen worden, da die Rechtsprechung damals in der Übertragung von Radiosendungen in den Wartebereich von Arztpraxen eine öffentliche Wiedergabe (§ 15 Abs. 3 UrhG) von Musikwerken oder Sprachwerken sah, die durch Funksendungen mittels Lautsprecher öffentlich wahrnehmbar gemacht wurden (§ 22 S.1 UrhG). Diese öffentliche Wiedergabe sei dann gemäß § 78 Abs. 2 Nr. 3 UrhG vergütungspflichtig gewesen.
§ 78 Abs. 2 Nr. 3 UrhG
„(2) Dem ausübenden Künstler ist eine angemessene Vergütung zu zahlen, wenn
3. die Sendung oder die auf öffentlicher Zugänglichmachung beruhende Wiedergabe der Darbietung öffentlich wahrnehmbar gemacht wird.“
Nach EuGH erfolgt öffentliche Wiedergabe in Wartezimmern von Ärzten nicht gegenüber vielen Personen
Nach der Pressemitteilung des BGH sei dem Urteil des EuGH vom 15. März 2012 zu entnehmen, dass eine öffentliche Wiedergabe gegenüber einer unbestimmten Zahl potentieller Adressaten und recht vielen Personen erfolgen müsse (Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG sowie Art. 8 Abs.2 S.1 der Richtlinie 2006/115/EG). Nach dem EuGH seien diese Voraussetzungen im Allgemeinen nicht erfüllt, wenn ein Zahnarzt Radiosendungen als Hintergrundmusik im Wartezimmer wiedergebe.
BGH muss richtlinienkonform auslegen
In der Pressemitteilung des BGH heißt es:
„Der Bundesgerichtshof ist an die Auslegung des Unionsrechts durch den Gerichtshof der Europäischen Union gebunden und hat die entsprechenden Bestimmungen des nationalen Rechts richtlinienkonform auszulegen. Der vom Bundesgerichtshof zu beurteilende Sachverhalt stimmte darüber hinaus in allen wesentlichen Punkten mit dem Sachverhalt überein, der dem Gerichtshof der Europäischen Union bei seiner Entscheidung vorgelegen hatte. Der Bundesgerichtshof hat daher entschieden, dass die Wiedergabe von Hörfunksendungen in Zahnarztpraxen im Allgemeinen – und so auch bei dem Beklagten – nicht öffentlich und damit auch nicht vergütungspflichtig ist.“
Fazit
Der BGH hat damit eine schon seit längerem streitige Frage zur Vergütungspflicht von Hörfunksendungen im Wartezimmer von Arztpraxen geklärt und klargestellt, dass die Wiedergabe nicht vergütungspflichtig ist.