Online-Händler müssen Lieferzeiten im Shop stets aktuell halten

Das OLG Hamm hat kürzlich entschieden, dass falsche Lieferangaben im Online-Shop wettbewerbswidrig sind, selbst wenn sich diese nur kurze Zeit auf der Website befinden (Urt. v. 11.08.2015, Az. 4 U 69/15).

Ein Händler vertrieb in seinem Internetshop Elektrofahrräder. Folgende Information befand sich u.a. auf der Angebotsseite eines bestimmten Modells:

„Nur noch wenige Exemplare auf Lager, Lieferzeit ca. 2-4 Werktage.“

Nichtverfügbarkeit bei Testbestellung

Im Rahmen eines Testkaufes bestellte ein Rechtsanwalt für seine Mandantin ein Elektrofahrrad mit einer bestimmten Rahmengröße, wobei auch nach der konkreten Auswahl die o.g. Anzeige bestehen blieb. Die Bestellung schloss er vermeintlich erfolgreich ab, wonach er per E-Mail eine Bestellbestätigung erhielt. In dieser wurde er auch zur Zahlung des Kaufpreises von 2.799 EUR aufgefordert.

Eine Stunde später zog der Händler die Erfolgmeldung mit einer weiteren E-Mail zurück, da das ausgewählte Fahrrad nicht vorhanden war. Der Kunde hatte lediglich die Möglichkeit, sich einen Monat später ein Nachfolgemodell ausliefern zu lassen. Das letzte verfügbare Fahrrad hatte der Händler vier Tage zuvor an einen anderen Kunden veräußert, ohne jedoch die Verfügbarkeitsanzeige zu entfernen. Auf die Frage, wie nun weiter verfahren werden soll, antwortete der Jurist einer Abmahnung aufgrund Verstoßes gegen den Anhang Nr. 5 des § 3 Abs. 3 UWG (Lockangebote).

Da der Händler keine Unterlassungserklärung abgab, kam es zum einstweiligen Verfügungsverfahren, bei dem das LG Bochum dem Shopbetreiber untersagte, eine entsprechende Werbung zu schalten, ohne den Artikel tatsächlich vorrätig zu haben. Auf Berufung des Verfügungsbeklagten musste in letzter Instanz folglich das OLG Hamm entscheiden.

Das Gericht wies die Berufung als unbegründet zurück. Nach Anhang Nr. 5 des § 3 Abs. 3 UWG sind Waren und Dienstleistungsangebote zu einem bestimmten Preis unzulässig, wenn der Unternehmer nicht darüber aufklärt, dass er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, gleichartige Waren und Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen.

Vorschrift auch im Internethandel anwendbar

Der Beklagte hatte argumentiert, dass die Vorschrift nur im stationären Handel und nicht im Online-Handel anwendbar sei, da der Kunde im Ladenlokal viel eher geneigt sei, bei Nichtverfügbarkeit eines Produkts alternativ ein anderes Produkt zu kaufen. Diese Ansicht verneinte das Gericht mit folgender Begründung:

Hätte hier ein Kaufinteressent nach dem Erhalt der Bestätigungs-E-Mail um 15:31 Uhr den Kaufpreis sofort – namentlich im Wege des Online-Banking – überwiesen, um einen sofortigen Versand des bestellten Fahrrades auszulösen, wäre er nach dem Erhalt der weiteren E-Mail um 16:18 Uhr in besonderem Maße geneigt gewesen, auf den Vorschlag, ersatzweise ein anderes Produkt zu erwerben, einzugehen, um eine – aus Sicht von Verbrauchern oftmals mühevolle – Auseinandersetzung mit dem Internetversandhändler über die Rückzahlung des vorab gezahlten Geldbetrages zu vermeiden.

Nach dieser Klarstellung beschäftigte sich das Gericht noch mit der Frage der Aktualisierungspflicht bei Internetangeboten. Nach dem BGH (Urt. v. 07.04.2005, I ZR 314/02) sei es unzulässig, ein Angebot für eine nicht mehr verfügbare Ware im Internet zu belassen. Der Hinweis, dass nur wenige Fahrräder noch verfügbar seien, verstehe der Verkehr so, dass
tatsächlich noch solche verkauft werden können.

Retten konnte den Betreiber schließlich auch nicht das angebotene Nachfolgemodell, da dieses unmittelbar und nicht erst einen Monat später hätte verfügbar sein müssen.

Fazit

Online-Händler müssen die Anzahl der vorhandenen Waren stets gut im Auge behalten. Der weit verbreitete Hinweis, dass nur noch wenige Artikel verfügbar sind, muss stimmen. Er ist insbesondere dann nicht mehr zulässig, wenn das letzte verfügbare Produkt bereits verkauft worden ist.