Seit dem heutigen Donnerstag, den 10.12.2015, ist das reformierte Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Kraft. Geändert haben sich die Nummerierung einiger Vorschriften sowie bestimmte Tatbestände.
Ziel der Reform war es, durch die Anpassungen eine Rechtsangleichung des UWG an die EU-Richtlinie gegen unlautere Geschäftspraktiken (Richtlinie 2005/29/EG) herzustellen. Im Folgenden stellen wir einige Änderungen dar:
Nach § 3 Abs. 1 UWG der neuen Fassung (n.F.) sind unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig. Im Rahmen der Lauterkeit wird auch die Spürbarkeit des Verstoßes zu prüfen sein. Bejaht man eine unlautere Handlung, ist sie unzulässig. Bisher musste die Spürbarkeit noch einmal separat neben der Unlauterkeit geprüft werden, was aber im Ergebnis keinen Unterschied machte.
Neuschaffung von § 3a und § 4a UWG
Der Rechtsbruchtatbestand, der zuvor in § 4 Nr. 11 geregelt war, befindet sich nun in dem neu geschaffenen § 3a UWG:
Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.
Die Spürbarkeit des Wettbewerbsverstoßes, welche auch vorher schon mit einbezogen werden musste, ist nun ausdrücklich normiert.
§ 4 UWG behandelt neuerdings ausschließlich den Mitbewerberschutz, der sich zuvor wortgleich in § 4 Nr. 7 bis 10 befunden hatte. Neu ist die deutlich erweiterte Regelung über aggressive geschäftliche Handlungen in § 4a UWG:
(1) Unlauter handelt, wer eine aggressive geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die dieser andernfalls nicht getroffen hätte. Eine geschäftliche Handlung ist aggressiv, wenn sie im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände geeignet ist, die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers erheblich zu beeinträchtigen durch
1. Belästigung,
2. Nötigung einschließlich der Anwendung körperlicher Gewalt oder
3. unzulässige Beeinflussung.Eine unzulässige Beeinflussung liegt vor, wenn der Unternehmer eine Machtposition gegenüber dem Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zur Ausübung von Druck, auch ohne Anwendung oder Androhung von körperlicher Gewalt, in einer Weise ausnutzt, die die Fähigkeit des Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers zu einer informierten Entscheidung wesentlich einschränkt.
(2) Bei der Feststellung, ob eine geschäftliche Handlung aggressiv im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 ist, ist abzustellen auf
1. Zeitpunkt, Ort, Art oder Dauer der Handlung;
2. die Verwendung drohender oder beleidigender Formulierungen oder Verhaltensweisen;
3. die bewusste Ausnutzung von konkreten Unglückssituationen oder Umständen von solcher Schwere, dass sie das Urteilsvermögen des Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers beeinträchtigen, um dessen Entscheidung zu beeinflussen;
4. belastende oder unverhältnismäßige Hindernisse nichtvertraglicher Art, mit denen der Unternehmer den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer an der Ausübung seiner vertraglichen Rechte zu hindern versucht, wozu auch das Recht gehört, den Vertrag zu kündigen oder zu einer anderen Ware oder Dienstleistung oder einem anderen Unternehmer zu wechseln;
5. Drohungen mit rechtlich unzulässigen Handlungen.Zu den Umständen, die nach Nummer 3 zu berücksichtigen sind, zählen insbesondere geistige und körperliche Beeinträchtigungen, das Alter, die geschäftliche Unerfahrenheit, die Leichtgläubigkeit, die Angst und die Zwangslage von Verbrauchern.
Diese Vorschrift ersetzt im Großen und Ganzen § 4 Nr. 1 bis 5 alte Fassung (a.F.), die insbesondere den Verbraucherschutz gewährleisteten. Das Kopplungsverbot bei Gewinnspielen aus § 4 Nr. 6 a.F., welches der EuGH bereits 2010 (Az. C-304/08) für europarechtswidrig erklärt hatte, wurde ersatzlos gestrichen.
Präzisierung des § 5a UWG (Irreführung durch Unterlassen)
Im Bereich der Irreführungstatbestände der §§ 5 und 5a UWG hat die Irreführung durch Unterlassen (§ 5a) einige Modifizierungen erfahren. In der neuen Fassung heißt es beispielsweise in § 5a Abs. 2:
Unlauter handelt, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält,
1. die der Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und
2. deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.Als Vorenthalten gilt auch
1. das Verheimlichen wesentlicher Informationen,
2. die Bereitstellung wesentlicher Informationen in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise,
3. die nicht rechtzeitige Bereitstellung wesentlicher Informationen.
Der neue Tatbestand ist somit wesentlich detailreicher als der alte, welcher allgemein auf das Vorenthalten wesentlicher Informationen abgestellt hatte. Durch den neuen Abs. 5 kann nur besser beurteilt werden, wann wesentliche Informationen vorenthalten werden. Zu berücksichtigen sind dabei
1. räumliche oder zeitliche Beschränkungen durch das für die geschäftliche Handlung gewählte Kommunikationsmittel sowie
2. alle Maßnahmen des Unternehmers, um dem Verbraucher die Informationen auf andere Weise als durch das Kommunikationsmittel nach Nummer 1 zur Verfügung zu stellen.
Nach § 5 Abs. 6 UWG n.F. handelt nun auch unlauter, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht
sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
Der „fliegende Gerichtsstand“ wurde indes, entgegen mancher Forderung, nicht eingeschränkt oder gar aufgehoben.
Fazit
Durch die Reform wurden einige redaktionelle Änderungen, aber auch Präzisierungen vorgenommen. Insbesondere die Hervorhebung der aggressiven geschäftlichen Handlungen in § 4a UWG zeigt, dass ein Schwerpunkt der Neuregelung im Verbraucherschutz liegt. Wesentliche Änderungen der Rechtslage werden mit der Anpassung des UWG, auch nach Ansicht der Wettbewerbszentrale, wohl nicht verbunden sein.