Bleibt WLAN in Deutschland digitale Wüste?

Das neue Gesetz soll die Haftungssituation bei öffentlichen WLAN-Netzen entschärfen. Experten sparen jedoch nicht mit Kritik. Wir erläutern Ihnen das Problem.

Im Vergleich zum Ausland gibt es in Deutschland deutlich weniger öffentliche WLAN-Zugänge. Während Länder, wie Südkorea 37,35, UK 28,67 und Schweden 9,94 Zugänge pro 10.000 Einwohner aufweisen, finden sich in Deutschland gerade mal 1,78.

Mitschuld sind rechtliche Fragen der Haftung, die sich aus der BGH-Rechtsprechung zu Filesharing Fällen ergeben.

Wer einen öffentlich zugänglichen Internetzugang unterhält, der riskiert, als sogenannter Störer allein aufgrund seiner Stellung als Anschlussinhaber etwa für illegale Downloads in Anspruch genommen zu werden. Dies betrifft etwa Café-Besitzer, Betreiber von Ladengeschäften oder Vermieter von Ferienwohnungen.

Mit dem „Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes (TMG)“ will die Bundesregierung die Haftungsregelungen erleichtern.

Im Kern soll gelten:

„Diensteanbieter nach Absatz 3 können wegen einer rechtswidrigen Handlung eines Nutzers nicht auf Beseitigung oder Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn sie zumutbare Maßnahmen ergriffen haben, um eine Rechtsverletzung durch Nutzer zu verhindern.“

WLAN im Supermarkt registrieren?

Kritisiert erfährt insbesondere der Umstand, dass der Gesetzesentwurf der Bundesregierung zu viele unklare Formulierungen enthalte. Kunden sollen sich danach etwa im Supermarkt vor der WLAN-Nutzung registrieren müssen.

HDE-Hauptgeschäftsführer Stephan Tromp dazu:

„Das ist unrealistisch und würde viele Kunden abschrecken. Wer in der Kassenschlange steht, möchte sich nicht vor dem Bezahlen mit dem Handy erst noch umständlich im WLAN anmelden“.

Durch unklare Begriffe wie „zumutbare Maßnahmen“ und „angemessene Sicherungsmaßnahmen“ werden die Hürden für Anbieter von öffentlichem WLAN größer – egal ob für das Café nebenan, eine Freifunkinitiative oder für Privatpersonen, die Freunde ins WLAN lassen.“ Ist vom vzbv, also von der Verbraucherseite zu hören. Was eine „freiwillige Registrierung“ der Nutzer z.B. in der Praxis bedeuten soll, bleibt unklar.

Auch Fragen, wie etwa bei einer Verschlüsselung der Schlüssel rechtssicher zu übermitteln ist (per Brief?), bleiben unbeantwortet.

Ob die gesetzlich vorgesehenen Auflagen zudem EU-rechtskonform zu den dortigen Vorgaben für Access-Providern sind (siehe Art. 12 E-Commerce-Richtlinie), ist zweifelhaft.

Haftung von Hostprovider verschärft

Hostprovider soll nach dem Gesetzentwurf keine Vermutung der Kenntnis bei Rechtsverletzungen treffen.

Das soll jedenfalls für „gefahrengeneigte Dienste“ gelten, bei denen etwa die „weit überwiegende Zahl der gespeicherten Informationen rechtswidrig erfolgt“ oder „mit der Nichtverfolgbarkeit bei Rechtsverstößen geworben wird“.

Das dürfte dazu führen, dass künftig in vorauseilendem Gehorsam viele Inhalte gelöscht werden. Zudem sollen die Provider, die gerade aufgrund der mangelnden Kenntnis von den Inhalten gesetzlich privilegiert werden jetzt selbst entscheiden müssen, ob die Inhalte überwiegend rechtswidrig sind. Dieser Kotau vor der Industrie der Rechteinhaber ist unnötig und gefährdet die Freiheit im Netz.