Können DSGVO-Verstöße abgemahnt werden?

Kann man Verstöße gegen die DSGVO abmahnen? Darüber herrscht seit dem Tag des Inkrafttretens der DSGVO Streit. Manche Gerichte verneinen diese Frage, manche bejahen sie. Nun hat sich der BGH damit beschäftigt und wusste auch nicht so recht weiter. Also legte er heute dem EuGH die Frage vor, ob Verbraucherverbände DSGVO-Verstöße abmahnen können.

Der BGH (Beschl. v. 28.05.2020, I ZR 186/17) entschied in einem Verfahren darüber, ob ein Verstoß von Facebook gegen die Informationspflichten aus der DSGVO abgemahnt werden können. Abmahner in dem Verfahren ist der vzbv (Verbraucherzentrale Bundesverband).

App-Zentrum von Facebook

Innerhalb von Facebook gibt es ein „App-Zentrum“, in dem Facebook den Nutzern ihrer Plattform kostenlos Online-Spiele anderer Anbieter zugänglich macht.

Es gibt dort verschiedene Spiele, bei denen unter dem Button „Sofort spielen“ folgender Hinweis erschien:

Durch das Anklicken von ‚Spiel spielen“ oben erhält diese Anwendung: Deine allgemeinen Informationen, Deine-Mail-Adresse, Über Dich, Deine Statusmeldungen. Diese Anwendung darf in deinem Namen posten, einschließlich dein Punktestand und mehr.“ Bei einem Spiel endeten die Hinweise mit dem Satz: „Diese Anwendung darf Statusmeldungen, Fotos und mehr in deinem Namen posten.

Klage wegen Datenschutzverstößen

Der vzbv beanstandet diese Art der Präsentation unter dem Button „Sofort spielen“ als unlauter. Er moniert unter anderem, dass diese Ausgestaltung die gesetzlichen Anforderungen an die Einholung einer wirksamen Einwilligung nicht erfüllt. Außerdem stelle dieser Hinweis eine den Nutzer unangemessen benachteiligende Allgemeine Geschäftsbedingung dar.

Der vzbv zieht seine Befugnis, diese Verstöße aufgrund der Klagebefugnis im UWG und im UKlaG zu verfolgen.

BGH fragt EuGH

Die Vorinstanzen haben Facebook entsprechend zur Unterlassung verurteilt. Der BGH setzte das Verfahren jetzt aus und fragt den EuGH im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens, ob Verbraucherverbände Verstöße gegen die DSGVO abmahnen können.

In der Rechtswissenschaft ist diese Frage hoch umstritten. Es gibt bereits einige Gerichtsentscheidungen zu dieser Frage. Dabei vertritt der überwiegende Teil die Meinung, dass Verstöße gegen die DSGVO abgemahnt werden können.

Auf der anderen Seite gibt es gewichtige Stimmen in der Literatur, die meinen, dass die DSGVO ein eigenes Regime an Sanktionsmöglichkeiten beinhaltet und daher der Weg über die UWG-Abmahnungen gesperrt sei.

Der EuGH hat in einem anderen Verfahren bereits entschieden, dass Verbraucherverbände Verstöße gegen die alte Datenschutzrichtlinie (was die Vorgängerin zur DSGVO ist) abmahnen können. Allerdings äußerte sich der EuGH in dieser älteren Entscheidung nicht zu der Frage, ob das auch für die DSGVO gelten soll.

Fazit und Ausblick

Jetzt gilt es die Entscheidung des EuGH in der Sache abzuwarten. Die Sache ist für Unternehmer sehr spannend. Entscheidet der EuGH, dass auch Verbände oder gar Mitbewerber Verstöße gegen die DSGVO abmahnen dürfen, erhöht sich das Risiko für Unternehmen enorm. Die bisherige Praxis der Aufsichtsbehörden zeigt, dass diese zwar häufig Schreiben und Pressemitteilungen verschicken, die Berichte über hohe Bußgelder halten sich jedoch bisher in Grenzen. Wir halten Sie auf dem Laufenden. (mr)

Martin Rätze