Die Entwaldungsverordnung – Neue Pflichten für Händler

Ab dem 30.12.2024 gelten grundsätzlich die Vorgaben der sog. Entwaldungsverordnung. Sie ist Teil des sog. Green Deals der EU-Kommission und soll dem effizienten Waldschutz dienen. Die Verordnung verpflichtet die Marktteilnehmer zu umfangreichen Sorgfalts-, Dokumentations- und Prüfpflichten. Wir geben Ihnen eine Übersicht.

Vollständig heißt die Entwaldungsverordnung „Verordnung (EU) 2023/2015 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. Mai 2023 über die Bereitstellung bestimmter Rohstoffe und Erzeugnisse, die mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen, auf dem Unionsmarkt und ihre Ausfuhr aus der Union sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 995/2010″.

1. Geltungsbeginn

Die Verordnung gilt

  • ab 30.12.2024: Sofern keine Kleinst- oder kleine Unternehmen, Art. 38 Abs. 2.
  • ab 30.06.2025: Für Marktteilnehmer, die Kleinst- und kleine Unternehmen sind, Art. 38. Abs. 3.

 2. Sachlicher Anwendungsbereich

Die Verordnung erfasst sog. relevante Rohstoffe und relevante Erzeugnisse.

Relevante Rohstoffe (Art. 2 Nr. 1) sind dabei

  • Rinder
  • Kakao
  • Kaffee
  • Ölpalme
  • Kautschuk
  • Soja
  • Holz

Relevante Erzeugnisse (Art. 2 Nr. 2) sind Erzeugnisse gemäß Anhang I, die relevante Rohstoffe enthalten, mit diesen gefüttert wurden oder unter deren Verwendung hergestellt wurden.

Hierzu zählen unter anderem Bücher, Zeitungen, Bilddrucke und andere Erzeugnisse des grafischen Gewerbes, hand- oder maschinengeschriebene Schriftstücke und Pläne

Halbstoffe und Papier der Kapitel 47 und 48 der Kombinierten Nomenklatur.

Die Verordnung gilt nicht für Waren, die ausschließlich aus Material erzeugt sind, dessen Lebenszyklus abgeschlossen ist. Dies kann insbesondere bei recycelten Materialien eine Rolle spielen.

  • Handelt es sich um 100 % recyceltes Material gilt die Verordnung nicht.
  • In aller Regel ist in solchen Erzeugnissen aber auch ein Anteil von nicht-recycelten Materials. Dann gilt die Verordnung! Die nicht recycelten Materialien müssen über Geolokalisierung dann auf das Ursprungsgebiet zurückverfolgt werden.

3. Persönlicher Anwendungsbereich

Die Verordnung spricht mehrere Akteure an, wobei sich die Pflichten für diese Akteure unterscheiden.

  • Marktteilnehmer:
    • Natürliche oder juristische Person,
    • die im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit
    • relevante Rohstoffe oder Erzeugnisse in Verkehr bringt (= die erstmalige Bereitstellung auf dem Unionsmarkt) oder ausführt
  • Händler:
    • Jede Person in der Lieferkette mit Ausnahme des Marktteilnehmers,
    • die im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit,
    • relevante Erzeugnisse auf dem Markt bereitstellt (= jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe eines relevanten Erzeugnisses zum Vertrieb, Verbrauch oder zur Verwendung auf dem Unionsmarkt im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit)
  • KMU
    • Definition in Art. 2 Nr. 30 der VO, Art. 3 der Richtlinie EU 2013/34
    • Für KMU gelten zum Teil Privilegierungen und Vereinfachungen bei der Erfüllung der Pflichten aus der Entwaldungsverordnung.

Kleinstunternehmen

Kleinstunternehmen sind Unternehmen, die am Bilanzstichtag die Grenzen von mindestens zwei der drei folgenden Größenmerkmale nicht überschreiten:

  • Bilanzsumme: 350.000 Euro
  • Nettoumsatzerlöse: 700.000 Euro
  • Durchschnittliche Zahl der während des Geschäftsjahres Beschäftigten: 10

Kleine Unternehmen

Kleine Unternehmen sind Unternehmen, die am Bilanzstichtag die Grenzen von mindestens zwei der drei folgenden Größenmerkmale nicht überschreiten:

  • Bilanzsumme 4.000.000 Euro
  • Nettoumsatzerlöse: 8.000.000 Euro
  • Durchschnittliche Zahl der während des Geschäftsjahres Beschäftigten: 50

Mittlere Unternehmen

Mittlere Unternehmen sind Unternehmen, die am Bilanzstichtag mindestens 2 der folgenden drei Größenmerkmale nicht überschreiten:

  • Bilanzsumme 20.000.000 Euro
  • Nettoumsatzerlöse: 40.000.000 Euro

Durchschnittliche Zahl der während des Geschäftsjahres Beschäftigten: 250

4. Zentrales Verbot in der Entwaldungsverordnung

Die Entwaldungsverordnung enthält ein zentrales Verbot, bestimmte Rohstoffe und Erzeugnisse in Verkehr zu bringen oder auf dem Markt bereitzustellen.

Relevante Rohstoffe und relevante Erzeugnisse dürfen nur in Verkehr gebracht oder auf dem Markt bereitgestellt werden, wenn:

  • sie entwaldungsfrei sind,
  • sie gemäß der einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erzeugt wurden und
  • für sie eine Sorgfaltserklärung vorliegt.

„Entwaldungsfrei “ bedeutet,

  • dass die relevanten Erzeugnisse relevante Rohstoffe enthalten, mit diesen gefüttert wurden oder unter deren Verwendung hergestellt wurden, die auf Flächen erzeugt wurden, die nach dem 31. Dezember 2020 nicht entwaldet wurden, und
  • im Fall relevanter Erzeugnisse, die Holz enthalten oder unter Verwendung von Holz hergestellt wurden — dass das Holz aus dem Wald geschlagen wurde, ohne dass es dort nach dem 31. Dezember 2020 zu Waldschädigung gekommen ist.

5. Verpflichtung der Marktteilnehmer, Art. 4

Damit die Marktteilnehmer sicherstellen, dass ihre Produkte entwaldungsfrei sind, stellt Art. 4 Pflichten auf. Hierzu zählen

  • Erfüllung der Sorgfaltspflicht nach Art. 8
  • Vorlage einer Sorgfaltserklärung an die zuständigen Behörden über das Informationssystem der EU-Kommission gemäß Art. 33 (Dieses Informationssystem wird erst zum Geltungsbeginn der VO betriebsbereit sein!)
  • Inhalt der Sorgfaltserklärung ergibt sich aus Anhang II
  • Mit Übermittlung übernimmt der Marktteilnehmer die Verantwortung dafür, dass die Produkte Art. 3 entsprechen.
  • Unterrichtungspflicht, wenn sich neue Erkenntnisse ergeben, dass ein Produkt nicht mit der Verordnung konform ist
  • Mitteilungspflicht an die nachgelagerte Lieferkette in Bezug auf die Sorgfalt
  • Nachgelagerte Marktteilnehmer müssen ebenfalls eine Sorgfaltserklärung abgeben. KMU können sich dabei auf die bereits übermittelte Sorgfaltserklärung berufen, Nicht-KMU können nur referenzieren, nachdem die Sorgfalt überprüft wurde

6. Verpflichtung der Händler, Art. 5

Neben diesen Pflichten für Marktteilnehmer gibt es auch Pflichten für Händler. Diese sind in Artikel 5 der Entwaldungsverordnung geregelt.

Darin ist eine Vereinfachung für KMU-Händler vorgesehen.

Nicht-KMU-Händler gelten als Nicht-KMU-Marktteilnehmer und für sie gelten die Art. 3, 4, 6, 8 bis 13, 16 Abs. 8 bis 11.

Das bedeutet, dass auch Nicht-KMU-Händler eine Sorgfaltserklärung abgeben müssen

KMU-Händler müssen über folgende Informationen verfügen, bevor sie relevante Erzeugnisse auf dem Markt bereitstellen:

  1. den Namen, den eingetragenen Handelsnamen oder die eingetragene Handelsmarke, die Postanschrift, die E-Mail-Adresse und, falls verfügbar, eine Internetadresse derjenigen Marktteilnehmer oder Händler, die ihnen die relevanten Erzeugnisse geliefert haben, sowie die Referenznummern der diesen Erzeugnissen zugeordneten Sorgfaltserklärungen;
  2. den Namen, den eingetragenen Handelsnamen oder die eingetragene Handelsmarke, die Postanschrift, die E-Mail-Adresse und, falls verfügbar, eine Internetadresse der Händler, an die sie die relevanten Erzeugnisse geliefert haben.

Diese Informationen müssen 5 Jahre ab dem Datum der Bereitstellung auf dem Markt aufbewahrt werden.

7. Sorgfaltspflicht, Art. 8

Die zentralen Sorgfaltspflichten ergeben sich aus Art. 8 Entwaldungsverordnung.

Marktteilnehmer müssen diese Sorgfaltspflicht erfüllen. Dies umfasst:

Informationssammlung nach Art. 9

Marktteilnehmer müssen durch Nachweise belegte Informationen sammeln, aus denen hervorgeht, dass die Produkte den Vorgaben von Art. 3 entsprechen. Hierfür gilt eine Aufbewahrungsfrist von 5 Jahren.

Welche Informationen gesammelt werden müssen, ergibt sich aus der Liste in Art. 9.

Auf Verlangen müssen diese Informationen den Behörden zur Verfügung gestellt werden.

Maßnahmen zur Risikobewertung nach Art. 10

Die nach Art. 9 gesammelten Information müssen überprüft und analysiert werden. Auf dieser Grundlage muss dann eine Risikobewertung durchgeführt werden, um festzustellen, ob die Gefahr besteht, dass die relevanten Erzeugnisse, die in Verkehr gebracht oder ausgeführt werden sollen, nichtkonform sind.

Marktteilnehmer dürfen die relevanten Erzeugnisse weder in Verkehr bringen noch ausführen, es sei denn, die Risikobewertung ergibt, dass kein oder nur ein vernachlässigbares Risiko dahin gehend besteht, dass die relevanten Erzeugnisse nichtkonform sind.

Kriterien für die Risikobewertung ergeben sich aus der Liste in Art. 10 Abs. 2 Entwaldungsverordnung.

Dabei sind aber auch Vereinfachungen möglich, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll.

Maßnahmen zur Risikominimierung nach Art. 11

Wenn die Risikobewertung nach Art. 10 ergibt, dass ein Risiko besteht, müssen Maßnahmen zur Risikominderung vorgenommen werden. Welche Maßnahmen dies sein können, ergibt sich aus der Liste des Art. 11 Abs. 1. Entwaldungsverordnung.

Außerdem müssen die Marktteilnehmer über Strategien, Kontrollen und Verfahren verfügen, die sich aus Art. 11 Abs. 2 ergeben.

Die Entscheidungen über Verfahren und Maßnahmen zur Risikominderung müssen dokumentiert und mindestens einmal jährlich überprüft werden.

Auch hier sind Vereinfachungen möglich, auf die nicht näher eingegangen werden soll.

Sorgfaltspflichtenregelungen, Berichterstattung, Aufzeichnungen, Art. 12

Unternehmen müssen ein Verfahren zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht nach Art. 8 („Sorgfaltspflichtenregelung“) einführen. Dieses Verfahren muss einmal jährlich überprüft werden.

Nicht-KMU-Marktteilnehmer berichten jährlich öffentlich (auch im Internet) über ihre Sorgfaltspflichtenregelung, einschließlich der Schritte, die sie eingeleitet haben, um ihre Verpflichtungen gemäß Artikel 8 zu erfüllen, mit folgendem Inhalt:

  • Übersicht über die in Art. 9 Abs. 1 lit. a, b und c genannten Informationen
  • Schlussfolgerungen der gemäß Art. 10 durchgeführten Risikobewertungen
  • Ergriffene Maßnahmen nach Art. 11
  • Erläuterung der für die Risikobewertung erlangten und verwendeten Informationen und Nachweise
  • eine Beschreibung des Prozesses zur Konsultation von indigenen Völkern etc.

Fazit

Betroffenen Unternehmen legt die Entwaldungsverordnung zahlreiche neue bürokratische Pflichten auf. Bei Verstößen drohen empfindliche Sanktionen, unter anderem können Bußgelder in Höhe von bis zu 4 % des unionsweiten Jahresumsatzes verhängt werden. (mr)

Martin Rätze