Neue Informationspflichten zur Gewährleistung

Auf den Handel (online wie offline) kommen neue umfangreiche und komplexe Informationspflichten zu. Künftig gelten für die Informationserteilung in Bezug auf Gewährleistung und Garantie gesetzlich festgelegte Muster.

Aktuell befindet sich ein Gesetz im parlamentarischen Verfahren, mit welchem zum einen die sog. elektronische Widerrufsfunktion eingeführt werden soll (wir berichten dazu hier im Detail).

Zum anderen wird damit auch ein Teil der sog. EmpCo-Richtlinie (Empowering Consumers-Richtlinie) umgesetzt und umfangreiche Informationspflichten für Händler (nicht nur Online-Händler, sondern auch Katalog-Versender, stationäre Händler – kurz: für alle B2C-Unternehmen) in Bezug auf die Gewährleistungsrechte und Garantien eingeführt.

In diesem Beitrag soll es ausschließlich um die Informationen zur Gewährleistung gehen. Die neuen Pflichten bezüglich Garantien erläutern wir in einem separaten Beitrag, den wir an dieser Stelle verlinken, sobald wir ihn veröffentlicht haben.

Aktuelle Rechtslage: Hinweis auf das gesetzliche Gewährleistungsrecht

Zur Verdeutlichung soll die aktuelle Rechtslage kurz dargestellt werden:

Bezüglich der Gewährleistung genügt in den AGB der Satz „Es gilt das gesetzliche Mängelgewährleistungsrecht.“ Mehr bedarf es nicht.

Neue Rechtslage: Umfangreiche Informationen zur Gewährleistung bei Waren

In Zukunft haben alle Unternehmen, die mit Verbrauchern handeln, dem Verbraucher folgende Information zur Verfügung zu stellen:

das Bestehen eines gesetzlichen Gewährleistungsrechts für Waren und seine wichtigsten Elemente, einschließlich seiner Mindestdauer von zwei Jahren, in hervorgehobener Weise unter Verwendung der harmonisierten Mitteilung, die die Kommission auf Grundlage von Artikel 22a Absatz 2 der Richtlinie 2011/83/EU in der Fassung vom 28. Februar 2024 festgelegt hat.“

Ein bloßer Hinweis auf das Bestehen genügt dann also nicht mehr.

Zum Einsatz kommen muss vielmehr die „harmonisierte Mitteilung“ der EU-Kommission. Diese stellt eine Art neues Muster dar, das in Zukunft jedes Unternehmen verpflichtend verwenden muss.

Diese harmonisierte Mitteilung findet sich in Anhang I der Durchführungsverordnung (EU) 2025/1960 und sieht wie folgt aus:

harmonisierte Mitteilung der EU Kommission zur gesetzlichen Gewährleistung

Detaillierte Vorgaben zur Gestaltung

Zu dieser harmonisierten Mitteilung hält die Verordnung dann noch „Erläuterungen“ bereit.

Muster darf NICHT verändert werden

Das wohl wichtigste vorweg: Keines der Elemente der harmonisierten Mitteilung ist editierbar. Diese harmonisierte Mitteilung ist also eins zu eins zu übernehmen.

Zu verwendende Farben

In den Erläuterungen werden genaue Vorgaben zu den Farben gemacht, die zu verwenden sind:

  • Blau: Pantone Reflex Blue C, CMYK: C:100% M:80% Y:0% K:0%, RGB: R:0% G:51% B:153%, HEX: #003399;
  • Gelb: Pantone Yellow C, CMYK: C:0% M:0% Y:100% K:0%, RGB: R:255% G:237% B:0%, HEX: #FFEDOO;
  • Schwarz: Pantone Black 6 C, CMYK: Schwarz, RGB: R:0% G:0% B:0%, HEX: #000000;
  • Weiß: Pantone 000C, CMYK: Weiß, RGB: R:255% G:255% B:255%, HEX: #FFFFF

Nur diese Farben sind zugelassen. Es steht zu befürchten, dass irgendein Gericht zukünftig meint, dass bei der Verwendung anderer Farben nicht die zwingend vorgeschriebene harmonisierte Mitteilung verwendet wird und daher ein Verstoß gegen die Informationspflichten vorliegt.

Übrigens: Das „Grau“, mit dem der QR-Code hinterlegt ist, ist nicht definiert.

QR-Code

Auch zum QR-Code innerhalb der Mitteilung gibt es Erläuterungen:

„Der QR-Code führt zur Sprachauswahl für den Abschnitt über das gesetzliche Gewährleistungsrecht im Portal „Ihr Europa“. Der QR-Code muss unter normalen Beleuchtungsbedingungen mit einem mobilen Standardgerät ablesbar sein.“

Das Problem dabei: Der QR-Code aus der Mitteilung der EU-Kommission führt nicht auf eine Seite mit einer Sprachauswahl. Das gesetzliche Muster erfüllt also seine eigenen Erläuterungen nicht.

Das erinnert stark an die Probleme rund um die (mittlerweile abgeschaffte) OS-Plattform, bei der die Kommission einfach mal den Link geändert hatte, sodass tausende Online-Shops ihre gesetzliche Pflicht nicht mehr erfüllen konnten.

Es handelt sich bei dem Wort „Sprachauswahl“ aber wohl um einen Übersetzungsfehler. Die englische und die französische Sprachversion der Verordnung sagen, dass der QR-Code auf einen „entsprechenden Sprachabschnitt“ des Portals zur Gewährleistung verweist.

Farbig oder Schwarz-Weiß?

In der Verordnung gibt es sowohl die oben dargestellte farbige Version der harmonisierten Mitteilung als auch eine in Schwarz-Weiß.

Auch in Bezug auf diese Möglichkeiten der Verwendung gibt es genaue Vorgaben:

  • Bei Verträgen, die über Online-Shops (oder auf Plattformen, in Apps etc.) geschlossen werden, ist zwingend die harmonisierte Mitteilung über das gesetzliche Gewährleistungsrecht in FARBE zu verwenden.
  • Bei allen anderen Verträgen (stationär, über Kataloge etc.) kann das Unternehmen wählen, ob es sich für die farbige oder die schwarz-weiß Variante entscheidet.

Mindestgröße: A4

Für Verträge, die nicht über eine „Online-Benutzeroberfläche“ geschlossen werden, also z.B. stationär im Geschäft, im Katalog (oder anderen Printmaterialien), außerhalb von Geschäftsräumen (früher: sog. Haustürgeschäfte) schreibt die Verordnung eine Mindestgröße von A4 vor und „erlaubt“: „sie kann aber auch in größeren Formaten (A3, A2, A1) gedruckt werden“.

Die Pflicht wäre etwa erfüllt, wenn man einen Aushang im Geschäft vornimmt. Das kann z.B. im Kassenbereich geschehen. Im Katalog müsste man die harmonisierte Mitteilung integrieren. Ungeklärt ist dabei noch die Frage, was ist, wenn der Katalog Abmessungen hat, die kleiner als A4 sind.

Für online geschlossene Verträge gibt es keine Mindestgröße. In diesen Fällen bleibt es also bei der allgemeinen Vorgabe, dass die Informationen in klarer und verständlicher Weise zur Verfügung gestellt werden müssen.

Hervorgehobene Informationen zur Gewährleistung

Das Gesetz sieht vor, dass die Informationen über das Bestehen, die wesentlichen Elemente und die Frist hervorgehoben dargestellt werden müssen, „in hervorgehobener Weise unter Verwendung der harmonisierten Mitteilung“.

Dabei lässt das Gesetz aber die Frage offen, ob die bloße (verpflichtende) Verwendung der harmonisierten Mitteilung bereits die Hervorhebung erfüllt oder ob diese harmonisierte Mitteilung selbst noch hervorgehoben werden muss.

Der Wortlaut des Gesetzes spricht für letzteres.

Wenn der Gesetzgeber die bloße Verwendung der harmonisierten Mitteilung hätte ausreichen lassen wollen, dann hätte er auf den Zusatz „in hervorgehobener Weise“ verzichten können.

Der Sinn und Zweck der Regelung spricht allerdings entgegen dem Wortlaut eher dafür, dass bereits die harmonisierte Mitteilung selbst die Hervorhebung erfüllt. Immerhin beginnt sie mit einem unübersehbaren blauen (oder schwarzen) Balken, hat einen grau hinterlegten Kasten mit einem QR-Code und noch einen blauen, eingerahmten Textabschnitt. Das sollte der Hervorhebungspflicht wohl genügen.

Abschließend kann man dies aber noch nicht bewerten. Endgütlich klären müssen das die Gerichte.

Information in AGB aufnehmen

Wir empfehlen, die harmonisierte Mitteilung über die Gewährleistung mit in die AGB aufzunehmen. Der Verbraucher erwartet die Information innerhalb der AGB. Damit ist gewährleistet, dass die nachvertraglichen Informationspflichten auch erfüllt werden: Online-Händler müssen dem Verbraucher alle Informationen nach Vertragsschluss auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung stellen. Wenn diese zentral in den AGB zusammengefasst sind, muss man nur ein PDF z.B. mit der Bestellbestätigungsmail übermitteln.

Eine Pflicht, dass die Informationen über das Gewährleistungsrecht an einer separaten Stelle bereitgehalten werden müssen, lässt sich den EU-Vorgaben nicht entnehmen.

Nachvertragliche Information über die Gewährleistung

Nicht neu, aber gleichwohl wichtig, ist, dass bei Fernabsatzverträgen und bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, der Unternehmer verpflichtet ist, eine Bestätigung des Vertrages  zur Verfügung zu stellen, die noch einmal sämtliche gesetzlich vorgesehenen Informationen enthält.

Im Fernabsatz geschieht dies regelmäßig per E-Mail (z.B. mit der Bestellbestätigungsmail), der ein PDF mit den AGB und anderen Informationen beigefügt ist. In Zukunft muss diese Mail dann auch die harmonisierte Mitteilung über die gesetzliche Gewährleistung enthalten.

Informationen der EU-Kommission zur Gewährleistung sind falsch

In der harmonisierten Mitteilung heißt es, dass im Falle eines Mangels der Ware der Unternehmer dem Verbraucher eine kostenlose Nachbesserung oder kostenlose Ersatzlieferung oder in bestimmten Fällen eine Preisminderung bzw. vollständige Erstattung des Kaufpreises „anbieten“ muss. Das ist schlicht falsch.

Der Verbraucher mag einen Anspruch auf diese erwähnten Dinge haben, aber anbieten muss der Unternehmer dies nicht. Der Verbraucher hat vielmehr ein (abgestuftes) Wahlrecht.

Aber nicht nur die Informationen in der harmonisierten Mitteilung selbst sind falsch, sondern auch auf der angegebenen Webseite, die unter https://europa.eu/youreurope/garantien (Wieso eigentlich „garantien“ in der URL, wenn es doch um Gewährleistungsrechte geht?) zu finden ist.

Dort heißt es unter dem Punkt „Gebrauchtwaren“ wie folgt:

Die Mindestgewährleistung von 2 Jahren gilt ebenfalls für Gebrauchtwaren, die Sie bei einem gewerblichen Verkäufer erwerben. In einigen EU-Ländern können Sie mit dem Verkäufer eine Garantie von weniger als zwei Jahren vereinbaren. Sie darf jedoch nicht kürzer als ein Jahr sein. Darauf muss beim Kauf deutlich hingewiesen werden.“

Es ist (wenn auch schwierig) sehr wohl möglich, mit dem Verbraucher bei Gebrauchtwaren eine kürzere Gewährleistungsfrist als 2 Jahre zu vereinbaren. Für eine solche Vereinbarung einer kürzeren Gewährleistung reicht aber kein „deutlicher Hinweis“, wie die Kommission falsch behauptet. Mit einer vereinbarten Garantie hat das Ganze nichts zu tun. Gewährleistung und Garantie sind bekanntlich nicht das Gleiche.

Die gesetzliche Verpflichtung zur Verwendung der harmonisierten Mitteilung ist eine Verpflichtung zur Falschinformation. Nach „normalen“ Maßstäben könnten Unternehmer dafür abgemahnt werden, weil sie den Verbraucher über gesetzlich zustehenden Rechte irreführen.

Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, die neuen gesetzlichen Muster erst zu verwenden, wenn diese vorgeschrieben sind. Werden diese Muster vorher eingesetzt, kann dies zu Abmahnungen führen.

Gibt es eine Vorlage, die man in den Shop integrieren kann?

Aktuell ist die harmonisierte Mitteilung zur gesetzlichen Gewährleistung nur als Anhang zu der Durchführungsverordnung der EU-Kommission enthalten – und zwar als Grafik.

Art. 22a der Verbraucherrechte-Richtlinie schreibt vor, dass die harmonisierte Mitteilung für die Verbraucher leicht erkennbar und verständlich sowie für Unternehmer leicht zu verwenden und zu reproduzieren sein muss.

Aktuell kann sie nicht leicht reproduziert werden. Eine Einbindung als Grafik in die AGB scheidet aus rechtlichen Gründen aus, damit wäre die gesetzliche Informationspflicht nicht erfüllt.

Wir haben bei der EU-Kommission nachgefragt, ob es auch eine Download-Möglichkeit gibt, damit die Unternehmen die Mitteilung einfach in die AGB integrieren können.

Wir werden Sie informieren, sobald wir eine Antwort von der Kommission erhalten haben.

Informationspflichten zur Gewährleistung bei digitalen Inhalten und digitalen Dienstleistungen

Die harmonisierte Mitteilung ist nur zu verwenden, wenn man Waren an Verbraucher verkauft.

Handelt man dagegen mit digitalen Inhalten oder digitalen Dienstleistungen (z.B. man verkauft Software zum Download, Videos zum Streamen, Online-Lehrgänge, Online-Presseartikel und ähnliches), bleibt es bei dem bisherigen einfachen Satz:

„Es gilt das gesetzliche Gewährleistungsrecht für digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen.“

Warum der EU-Gesetzgeber diese Differenzierung vornimmt, ist nicht bekannt. Wer sowohl Waren als auch digitale Inhalte bzw. digitale Dienstleistungen verkauft, muss sowohl die harmonisierte Mitteilung in seine AGB aufnehmen als auch den zusätzlichen Hinweis auf das gesetzliche Gewährleistungsrecht für die digitalen Produkte.

Ab wann gelten die neuen Pflichten?

Die EU sieht vor, dass die neuen Pflichten ab 27. September 2026 gelten.

In Deutschland sind die EU-Vorgaben in einem Gesetz enthalten, mit dem auch der Widerrufsbutton eingeführt werden soll. Der Bundestag hat dieses Gesetz am 19. Dezember verabschiedet. Jetzt geht es noch einmal in den Bundesrat, anschließend muss es noch ausgefertigt und im Bundesgesetzblatt verkündet werden.

Für die neuen Informationspflichten zur Gewährleistung ist – im Gleichlauf mit den Vorgaben der EU – ein Inkrafttreten zum 27. September 2026 vorgesehen.

Das klingt nach noch sehr viel Zeit. In der Praxis wird die Umsetzung aber so einige Schwierigkeiten bereiten. Die Aufnahme der harmonisierten Mitteilung über die gesetzliche Gewährleistung sollte daher frühzeitig in den IT-Fahrplan im Unternehmen eingestellt werden.

Wenn Sie eine externe Agentur zur Umsetzung beauftragen, sollten Sie dabei bedenken, dass alle B2C-Unternehmen zur Umsetzung verpflichtet sind und auch Agenturen dementsprechend viel zu tun haben werden. Sie sollten also auch bei externen Dienstleistern frühzeitig Bedarf anmelden.

Wichtig: Der im gleichen Gesetz vorgesehene Widerrufsbutton muss bereits zum 19. Juni 2026 im Online-Shop umgesetzt sein.

Bei der Umsetzung aus rechtlicher Sicht unterstützen wir Sie selbstverständlich gerne. Sprechen Sie uns an.

Martin Rätze