Grundpreis muss nicht in unmittelbarer Nähe zum Gesamtpreis angegeben werden

Beim Verkauf von bestimmten Waren müssen Händler auch den Preis pro Mengeneinheit angeben – den sog. Grundpreis. Immer wieder gibt es Streit darum, wo genau dieser anzugeben ist. Das LG Hamburg hat in einer aktuellen Entscheidungen die bisher dazu ergangene Rechtsprechung bestätigt, die eine Lockerung der Pflichten für Händler vorsieht.

Das LG Hamburg hat entschieden, dass ein Grundpreis – entgegen des Gesetzeswortlautes in der Preisangabenverordnung (PAngV) – nicht in unmittelbarer Nähe zum Gesamtpreis anzugeben ist (Urt. v. 20.08.2019, 406 HKO 106/19).

Hintergrund

Wer Verbrauchern Waren nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbietet, hat neben dem Gesamtpreis grundsätzlich auch den Preis je Mengeneinheit anzugeben. § 2 der PAngV verlangt für den Grundpreis die Angabe „in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises“.

Urteil des LG Hamburg

In dem vor dem LG Hamburg geführten Verfahren ging es um die Werbung für ein Vitaminpräparat ohne Angabe des Grundpreises. Ein Wettbewerbsverband erwirkte gegen diese Werbung eine einstweilige Verfügung mit welcher dem Werbenden untersagt wurde:

„im geschäftlichen Verkehr betreffend Lebensmittel und/oder Nahrungsergänzungsmittel Angebote zu veröffentlichen und/oder unter Angabe von Preisen zu werben und/oder Angebote bzw. Preiswerbung zu unterhalten, bei denen es sich um nach Volumen von 10 Milliliter und mehr angebotene und/oder beworbene Waren in Fertigpackungen, offenen Packungen oder als Verkaufseinheiten ohne Umhüllung handelt, für die nicht gleichzeitig der Preis je Mengeneinheit (Grundpreis) und der Gesamtpreis jeweils unmissverständlich, klar erkennbar (in unmittelbarer Nähe) und gut lesbar angegeben werden.“

Gegen diese Verfügung wendete sich die Antragsgegnerin insoweit, als dass ihr aufgegeben wurde, den Grundpreis in unmittelbarer Nähe zum Gesamtpreis darzustellen – im Ergebnis mit Erfolg.

Europarechtskonforme Auslegung

Das Gericht entschied, dass § 2 Abs. 1 PAngV europarechtskonform ausgelegt werden müsse. Denn die Vorschriften der Preisangabenverordnung dürfen wegen der Vollharmonisierung dieses Rechtsgebietes keine strengeren Anforderungen stellen als die maßgeblichen Normen des Europarechtes.

§2 Abs. 1 S. 1 PAngV fordert:

„Wer Verbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder wer ihnen regelmäßig in sonstiger Weise Waren in Fertigpackungen, offenen Packungen oder als Verkaufseinheiten ohne Umhüllung nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbietet, hat neben dem Gesamtpreis auch den Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile (Grundpreis) in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises gemäß Absatz 3 Satz 1, 2, 4 oder 5 anzugeben. […]“

In Art. 4 Abs. 1 RL 98/6/EG heißt es jedoch lediglich:

„Der Verkaufspreis und der Preis je Maßeinheit müssen unmißverständlich, klar erkennbar und gut lesbar sein. Die Mitgliedstaaten können vorsehen, daß die Zahl der anzugebenden Preise begrenzt wird.“

Das Gericht entschied insofern, dass der Grundpreis nicht zwingend in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises angegeben werden muss. Dem Wortlaut der Norm nach sein eine unmissverständliche, klar erkennbare und gut lesbare Angabe des Grundpreises auch an anderer Stelle als in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises möglich.

Keine Angabe in unmittelbarer Nähe erforderlich

Auch die Erwägungsgründe der Richtlinie sprechen nicht dafür, dass eine Grundpreisangabe in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises erforderlich sei, so das LG Hamburg.

„Nach dem 6. Erwägungsgrund trägt die Verpflichtung, den Verkaufspreis und den Preis je Maßeinheit anzugeben, merklich zur Verbesserung der Verbraucherinformation bei, da sie den Verbrauchern auf einfachste Weise optimale Möglichkeiten biete, die Preise von Erzeugnissen zu beurteilen und miteinander zu vergleichen und somit anhand einfacher Vergleiche fundierte Entscheidungen zu treffen. Dieser Erwägungsgrund spricht im Gegenteil dafür, dass bereits die Regelung der Grundpreisangabe in Art. 4 Abs. 1 optimale Möglichkeiten zum Preisvergleich biete, ohne dass es zusätzlicher, im Wortlaut der Norm nicht enthaltener Anforderungen bedürfe.“

Der Preisvergleich müsse sich jedoch nicht auf den Grundpreis und den Gesamtpreis beziehen, sondern auf die Grundpreise verschiedener Artikel. Eine Darstellung dergestalt, dass Grundpreis und Gesamtpreis auf einen Blick wahrgenommen werden können sei insofern nicht zwingend. Das Gericht führt weiter aus:

„Damit lässt sich kein Anhaltspunkt dafür feststellen, dass die EU-Preisangabenrichtlinie über ihren Wortlaut hinaus eine Grundpreisangabe in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises gefordert hätte. Vielmehr geht die Richtlinie davon aus, dass optimale Möglichkeiten des Preisvergleiches auf einfachste Weise bereits dann bestehen, wenn der Verkaufspreis und der Preis je Maßeinheit unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar sind. Dies entspricht auch den Tatsachen. Wenn die Grundpreisangabe unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar ist, bietet sie dem Verbraucher tatsächlich optimale Möglichkeiten des Preisvergleiches. § 2 Abs. 1 der Preisangabenverordnung ist daher europarechtskonform dahin auszulegen, dass es ausreicht, wenn der Grundpreis unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar angegeben wird, auch wenn dies nicht in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises erfolgt.“

Fazit

Händler, welche Verbrauchern gegenüber Waren nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbieten müssen nach wie vor einen Grundpreis angeben. Dieser soll den Verbraucher in die Lage versetzen ein Preisvergleich zwischen verschiedenen Produkten vorzunehmen. Die Angabe muss unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar sein. Eine unmittelbare Nähe des Grundpreises zum Gesamtpreis kann jedoch nach einer europarechtskonformen Auslegung des § 2 PAngV nicht gefordert werden. (hg)

Helena Golla