Neue Widerrufsbelehrung kommt

Der Deutsche Bundestag hat in seiner letzten Sitzungswoche noch eine Vielzahl von neuen Gesetzen beschlossen. Ein beschlossenes Gesetz ändert die Informationspflichten im Versandhandel. Dies betrifft auch die Widerrufsbelehrungen. Wir erklären Ihnen die Konsequenzen.

Am 10. Juni 2021 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche in Umsetzung der EU-Richtlinie zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union und zur Aufhebung der Verordnung zur Übertragung der Zuständigkeit für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 auf das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz in der Ausschussfassung in dritter Lesung angenommen. Der Bundesrat hat am 25. Juni 2021 entschieden, den Vermittlungsausschuss nicht anzurufen.

Jetzt fehlt nur noch die Verkündung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt.

Hintergründe für die Anpassungen sind sowohl Änderungen an den europarechtlichen Grundlagen sowie EuGH-Urteile.

Gemäß Art. 6 Abs. 1 dieses Gesetz wird es am 28. Mai 2022 in Kraft treten.

Damit Sie sich mit ausreichender Vorlaufzeit auf die Änderungen vorbereiten können, möchten wir Sie über die wesentlichen Änderungen informieren.

Keine Übergangsfrist, Inkrafttreten

Das Gesetz sieht keine Übergangsfrist vor. Das heißt: Alle Änderungen, die dieses Gesetz mit sich bringt, gelten ab dem Tag des Inkrafttretens.

Das bedeutet für Online-Shops, dass über Nacht Informationstexte und möglicherweise AGB umgestellt werden müssen. Dies war bereits im Jahr 2014 so, als die Verbraucherrechterichtlinie in deutsches Recht umgesetzt wurde.

Unternehmen, die mit Printmaterialien arbeiten (z.B. Kataloge oder andere Unterlagen mit Bestellmöglichkeit) dürfen ab diesem Tage nur noch mit aktualisierten Unterlagen arbeiten.

Wie oben bereits erwähnt, wird das Gesetz am 28. Mai 2022 in Kraft treten. Es bleibt daher ausreichend Zeit, sich auf die Umstellung vorzubereiten.

Wie die Erfahrung zeigt, sollte man sich frühzeitig mit den Änderungen beschäftigen und nicht erst wenige Tage vor der Umstellung.

Änderung der Widerrufsbelehrung und des Widerrufsformulars

Eine inhaltliche Änderung betrifft die gesetzliche Muster-Widerrufsbelehrung sowie das Muster-Widerrufsformular.

Zusammengefasst kann man sagen, dass aus beiden Texten das Fax gestrichen wird.

So heißt es innerhalb der Widerrufsbelehrung in Zukunft:

Um Ihr Widerrufsrecht auszuüben, müssen Sie uns ( 2 ) mittels einer eindeutigen Erklärung (z. B. ein mit der Post versandter Brief oder eine E-Mail) über Ihren Entschluss, diesen Vertrag zu widerrufen, informieren.

An den Möglichkeiten des Verbrauchs, seinen Widerruf zu erklären, ändert dies allerdings nichts. Das bedeutet, der Verbraucher kann seinen Widerruf auch weiterhin per Fax erklären.

Auch im Muster-Widerrufsformular findet sich eine entsprechende Änderung. Dort heißt es in Zukunft:

An [hier ist der Name, die Anschrift und die E-Mail-Adresse des Unternehmens durch den Unternehmer einzufügen]:

Wer nach dem Stichtag noch das alte Muster-Widerrufsformular verwendet, in dem eine Faxnummer angegeben ist, hat ein Problem. Denn man kann argumentieren, dass das Unternehmen dann nicht das gesetzlich vorgeschriebene Muster-Widerrufsformular verwenden. Das würde aber dazu führen, dass den Verbrauchern eine Widerrufsfrist von 12 Monaten und 14 Tagen zusteht. Auch Abmahnungen könnten hier drohen.

Neuerungen bei den sonstigen Informationspflichten

In Art. 246a EGBGB sind zahlreiche Informationspflichten für den Fernabsatzhandel und den Handel außerhalb von Geschäftsräumen geregelt. Diese werden ebenfalls angepasst.

Eine Neuerung ist, dass in Zukunft die Angabe einer Faxnummer nicht mehr notwendig ist.

Es wird außerdem eine neue Informationspflicht eingefügt. Werden die Preise im Shop auf Grundlage einer automatisierten Entscheidungsfindung personalisiert, muss darauf hingewiesen werden. Dies wird in einem neuen Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 6 EGBGB geregelt.

Bußgelder drohen

Neben den inhaltlichen Änderungen werden aber auch die Risiken für Unternehmen erhöht. Der Gesetzgeber führt Bußgeldtatbestände ein.

Verletzung von Verbraucherinteressen im Zusammenhang mit Verbraucherverträgen, die sich auf Verbraucher in mindesten 2 anderen Mitgliedstaaten auswirken, als dem Mitgliedstaat, in dem

  1. die Handlung ihren Ursprung hatte oder stattfand,
  2. das Unternehmen niedergelassen ist oder
  3. Beweismittel oder Vermögensgegenstände des Unternehmens vorhanden sind, die einen Zusammenhang mit dem Verstoß aufweisen

sind künftig verboten und stehen und einer Bußgeldandrohung von bis zu 50.000 Euro.

Unternehmen, die ausschließlich in Deutschland handeln, dürften also auch in Zukunft nicht von Bußgeldern bedroht sein. Da die Geoblocking-Verordnung allerdings Unternehmen verpflichtet , Bestellungen von Verbrauchern aus der gesamten EU entgegenzunehmen, ist die Schwelle zur Ordnungswidrigkeit schnell überschritten, auch wenn man nur innerhalb Deutschlands liefert.

Fazit

Wie eingangs bereits festgestellt, gibt es keine Übergangsfrist. Für Online-Unternehmen heißt dies also, dass die neuen Texte für den Shop rechtzeitig vorbereitet sein sollten, um dann pünktlich zum Stichtag online gestellt zu werden.

Für Unternehmen, die mit Print-Materialien inkl. Bestellmöglichkeit (z.B. Kataloge, Bestellflyer o.Ä.) bedeutet dies noch mehr an Planung. Die Auslieferung der Printmaterialien sollte so geplant werden, dass bis zum 28. Mai 2022 noch die „alten“ Text-Versionen verwendet werden und danach nur noch die neuen. Wichtig: Für alle Bestellungen ab dem 28. Mai 2022 gilt dann das neue Recht und die Verbraucherinnen und Verbraucher sind dann auch nach dem neuen Recht zu informieren.

Gerne unterstützen wir Sie bei der Vorbereitung um Umstellung der Texte. Lassen Sie uns gemeinsam in die Planung zur Umstellung starten, damit Sie auch nach dem 28. Mai 2022 noch rechtssicher handeln können.

Martin Rätze