Ist eine Energieverbrauchskennzeichnung bei Gewinnspielen Pflicht?

Beim Verkauf von Produkten, wie etwa Fernsehern, Spülmaschinen oder Kühlschränken, müssen Informationen zum Energieverbrauch erteilt werden. Aber gilt das auch, wenn ein solches Gerät im Rahmen von Gewinnspielen angeboten wird? Der BGH fragt dies den EuGH.

Der BGH (Beschluss v. 23.01.2025 – I ZR 53/24) hat sich mit einer Vorlagefrage an den EuGH gerichtet. Die Frage betrifft die Auslegung der Verordnung (EU) Nr. 2017/1369 zur Energieverbrauchskennzeichnung und deren Anwendung auf Gewinnspielveranstalter.

Was ist passiert?

Die Beklagte, Betreiberin eines Bonusprogramms, veranstaltete ein Gewinnspiel. Zu gewinnen gab es unter anderem ein QLED 4K TV. In der Werbung für das Gewinnspiel waren jedoch keine Angaben zur Energieeffizienzklasse des Fernsehers enthalten. Dies hielt der klagende Wettbewerbsverein für unzulässig.

Der Kläger sah in der Werbung einen Verstoß gegen die Verordnung (EU) Nr. 2017/1369 sowie die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 2019/2013. In diesen Verordnungen finden sich die Vorgaben zur Angabe der Energiekennzeichnung. Er mahnte die Beklagte ab. Vor dem LG München I hatte der Kläger Erfolg, das OLG München wies die Klage jedoch ab, wogegen sich der Kläger in seiner Revision an den BGH wendet.

In dem Verfahren geht es zentral um die Frage, wer als „Händler“ einzustufen ist, denn die Verordnungen verpflichten (vereinfacht gesagt) Händler dazu, die Energieeffizienzklasse anzugeben.

Die Verordnung definiert den Begriff Händler als „Einzelhändler oder eine andere natürliche oder juristische Person, die im Rahmen einer Geschäftstätigkeit entgeltlich oder unentgeltlich Produkte an bzw. für Kunden oder Errichter zum Kauf, zur Miete oder zum Ratenkauf anbietet oder ausstellt“.

Das Berufungsgericht argumentierte, dass die Beklagte nicht als „Händlerin“ im Sinne der Verordnung anzusehen sei und somit nicht zur Angabe der Energieeffizienzklasse verpflichtet war.

Die rechtliche Kernfrage

Der BGH sieht Klärungsbedarf hinsichtlich der Definition des Begriffs „Händler“. Der BGH kann dies nicht selbst entscheiden, da es sich um Europarecht handelt.

Die Frage lautet also:

Fällt ein Gewinnspielveranstalter, die ein elektronisches Display als Preis auslobt, unter diese Definition?

Unklar ist insbesondere, was die Definition unter einem „unentgeltlichen Kauf“ versteht. Ein solches Konstrukt ist sowohl dem deutschen wie auch dem übrigen europarechtlichen Zivilrecht fremd. Unter einem Kauf versteht man eigentlich immer die Abgabe von Waren gegen ein Entgelt.

Jetzt ist der EuGH am Zug

Diese Frage muss nun also der EuGH klären. Sollte der EuGH entscheiden, dass auch Gewinnspielveranstalter als „Händler“ gelten, müssten Unternehmen ihre Gewinnspielwerbung anpassen. Es müsste dann sichergestellt werden, dass die Energieeffizienzklassen sowie die weiteren Informationspflichten erfüllt werden.

Verbraucher hätten dadurch mehr Transparenz über die Energieeffizienz von verlosten Produkten. Für Unternehmen könnte dies jedoch zusätzlichen Verwaltungsaufwand und eine erhöhte Abmahngefahr bedeuten.

Mögliche Argumentationen vor dem EuGH

Die Entscheidung des EuGH könnte von mehreren Faktoren abhängen:

  1. Wortlaut und systematische Auslegung: Die Verordnung erwähnt explizit, dass Händler Produkte sowohl „entgeltlich als auch unentgeltlich“ anbieten können. Ist eine Verlosung damit gleichzusetzen? Wann liegt ein „unentgeltlicher Kauf“ vor?
  2. Zahlen mit Daten: Bei Gewinnspielen müssen Verbraucher häufig bestimmte Daten hinterlassen. Hierbei fließt dann also kein Entgelt. Evtl. meint der Unionsgesetzgeber solche Konstellationen, wenn er von einem „unentgeltlichen Kauf“ spricht. Die Frage des „Zahlens mit Daten“ spielte aber im vorliegenden Verfahren keine Rolle, da es nicht ersichtlich war, ob der Kunde bei diesem Gewinnspiel mit Daten zahlte.
  3. Schutzzweck der Verordnung: Die Energieverbrauchskennzeichnung dient dem Verbraucher- und Umweltschutz sowie der Förderung energieeffizienter Produkte. Der Verbraucher soll wissen, welche Energieeffizienz ein Gerät während des Gebrauchs hat. Sollte dies auch für Produkte gelten, die kostenlos abgegeben werden?
  4. Wirtschaftliche Betrachtung: Auch wenn der Fernseher kostenlos verlost wird, kann das Gewinnspiel eine Werbewirkung haben. Fällt eine solche Marketingmaßnahme bereits unter den Begriff des „Handels“?

Fazit und Ausblick

Der EuGH argumentiert häufig mit dem großen Informationsbedürfnis des Verbrauchers und der Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus. Es wäre aus unserer Sicht daher keine Überraschung, wenn der EuGH die Pflicht zur Angabe der Energiekennzeichnung auch bei Gewinnspielen annimmt. Sobald die Entscheidung des EuGH vorliegt, werden wir Sie informieren. (mr)

Martin Rätze