Werden Affiliate-Partner eingesetzt, um die Waren und Leistungen des eigenen Unternehmens zu bewerben, stellt sich häufig die Frage, wer für eine irreführende Werbung wettbewerbsrechtlich haftet, die vom Affiliate-Partner begangen werden. Der BGH hat diese Frage nun geklärt.
In dem Verfahren ging es um das Affiliate-Programm von Amazon.
Werbung des Affiliate-Partners
Ein Affiliate-Partner von Amazon veröffentliche auf seiner eigenen Website einen Matratzen-Vergleich veröffentlicht. Nach Auffassung der Klägerin (einer Matratzenhändlerin) hat der Affiliate dabei irreführende Angaben getätigt.
Die Klägerin meinte dazu:
Die Website spiegle durch die redaktionellinformatorische Gestaltung objektive Rankings und Testergebnisse zur Steigerung ihrer Glaubwürdigkeit lediglich vor, um möglichst viele potenzielle Käufer zur Inanspruchnahme der Affiliate-Links zu animieren. Die Klägerin hat außerdem behauptet, die beanstandete Seite beschränke sich diesbezüglich ausschließlich auf B.-Angebote und beziehe Produkte anderer Online-Händler nicht mit ein. Daher ist sie der Auffassung gewesen, dass es primärer Zweck der Internetseite sei, größtmögliche Provisionsbeträge im Rahmen des B.-Partnerprogramms zu erzielen. Dies nehme der Verbraucher jedoch nicht wahr.
Verklagt wurde Amazon
Die Klägerin nahm in dem Verfahren Amazon als Betreiberin des Affiliate-Partnerprogramms in Anspruch.
Grundlage für eine Haftung für fremdes Verhalten ist grundsätzlich § 8 Abs. 2 UWG.
Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.
Ein Unternehmen ist also verantwortlich für Tätigkeiten, die im Zuge seiner Unternehmenstätigkeit begangen werden. Er hat dabei keine Entlastungsmöglichkeit. Das Unternehmen haftet also auch für Verstöße, die ohne das Wissen und Wollen des Unternehmers und sogar gegen seinen Willen begangen wurden.
Dies folgt aus dem Umstand, dass der Unternehmer durch die Einschaltung von Beschäftigten oder Beauftragten seinen Geschäftsbereich erweitert und er die hiermit verbundenen Risiken beherrschen kann.
Das OLG Köln war der Auffassung, dass eine solche Konstellation im vorliegenden Fall aber nicht vorlag. Gegen diese Entscheidung ging die Klägerin im Wege der Revision vor, sodass sich der BGH (Urt. v. 26.01.2023, I ZR 27/22) beschäftigt hat.
BGH: Keine Haftung für Affiliates
Der BGH folgte der Auffassung der Vorinstanz im konkreten Fall.
Unter Berücksichtigung der Ausgestaltung des Amazon-Partnerprogramms sowie der beanstandeten Webseite des Affiliates fehlt es im Streitfall an einer solchen Erweiterung des Geschäftsbetriebs der Beklagten zu 1 und damit am inneren Grund der Zurechnung gemäß § 8 Abs. 2 UWG.
Entwickeln Affiliates eigene Produkte oder Dienstleistungen – hier eine Internetseite mit redaktionell gestalteten Beiträgen zu den Themen Schlaf und Matratzen -, deren Inhalt sie nach eigenem Ermessen gestalten und zum Verdienst von Provisionen bei verschiedenen Anbietern einsetzen, ist die Werbung über den Affiliate-Link ein Teil des Produkts, das inhaltlich von den Affiliates in eigener Verantwortung und im eigenen Interesse gestaltet wird.
Die Links werden von ihnen nur gesetzt, um damit zu ihren Gunsten Provisionen zu generieren. Ein solcher eigener Geschäftsbetrieb eines Affiliates stellt keine Erweiterung des Geschäftsbetriebs der Beklagten zu 1 [amazon – Anm. d. Red.] dar.
Nach Ansicht des BGH beherrschte Amazon also gerade nicht die Handlungen des Affiliates und konnte darauf auch keinen Einfluss nehmen.
Die Affiliate-Partner werden insbesondere nicht im Auftrag von Amazon tätig, sondern im Rahmen des von ihm entwickelten Produkts und allein im eigenen Namen und im eigenen Interesse.
Fazit
Die typischen Affiliate-Programme ohne weitere Vorprüfungen des Programmbetreibers sind mit dieser Entscheidung von einer Haftungsbürde erleichtert worden. Anders kann es aber aussehen, wenn dezidierte Kooperationen zwischen dem prämiengewährenden Unternehmen und dem Affiliate zu einer Lead-Vermittlung getroffen werden. Hier wird es auf die konkrete Ausgestaltung ankommen. (rb)
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