Der Widerrufsbutton kommt

Künftig sollen Verbraucher einen online geschlossenen Vertrag über einen Widerrufsbutton im Online-Shop widerrufen können. Das geht aus einer neuen EU-Richtlinie hervor. Diese muss noch in deutsches Recht umgesetzt werden. Wir erklären Ihnen, was auf Sie zukommt.

Erst im Mai 2022 sind größere Änderungen in Bezug auf das Widerrufsrecht und die Widerrufsbelehrung in Kraft getreten. Im November 2023 wurde eine neue Richtlinie veröffentlicht, die das Widerrufsrecht erneut ändert – aber es ist noch etwas Zeit.

Nachdem wir in Deutschland bereits den Kündigungsbutton kennen, wird demnächst der Widerrufsbutton in jedem Online-Shop zu finden sein.

Der Widerrufsbutton

Der Verbraucher soll zukünftig einen Vertrag, den er online geschlossen hat, auch online widerrufen können. Hierfür sollen Online-Händler verpflichtet werden, auf der Website eine „Widerrufsfunktion“ anzubieten. Bereits jetzt hat sich dafür der Begriff „Widerrufsbutton“ durchgesetzt.

Die Idee ist also einfach erklärt.

Bereits heute kennt das Gesetz das (ziemlich unnötige) Muster-Widerrufsformular. Dieses muss Verbrauchern bei Fernabsatzverträgen zur Verfügung gestellt werden.

Außerdem gibt es bereits heute eine Möglichkeit, dass der Verbraucher seinen Widerruf über die Website des Unternehmers erklären kann. Art. 11 VRRL:

Der Unternehmer kann dem Verbraucher zusätzlich zu den in Absatz 1 genannten Möglichkeiten auch die Wahl einräumen, entweder das Muster-Widerrufsformular des Anhangs I Teil B oder eine entsprechende eindeutige Erklärung in beliebiger anderer Form auf der Webseite des Unternehmers elektronisch auszufüllen und abzuschicken. In diesen Fällen hat der Unternehmer dem Verbraucher unverzüglich auf einem dauerhaften Datenträger eine Bestätigung über den Eingang eines solchen Widerrufs zu übermitteln.

Im deutschen Gesetz ist diese Möglichkeit in § 356 Abs. 1 BGB geregelt.

Der Gesetzgeber hätte nun ganz einfach diese aktuell bestehende Möglichkeit in eine Pflicht umwandeln können. Das hätte nur der Änderung weniger Worte bedurft.

Die zweistufige Widerrufsfunktion

Der EU-Gesetzgeber entschied sich stattdessen für eine wesentlich komplizierte Einführung einer neuen, zweistufigen Widerrufsfunktion.

Im November wurde die neue Richtlinie (EU) 2023/2673 im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Diese fügt einen neuen Art. 11a in die VRRL ein. Der Vollständigkeit halber wollen wir den Wortlaut hier einmal komplett aufnehmen:

Ausübung des Widerrufsrechts bei Fernabsatzverträgen, die über eine Online-Benutzeroberfläche geschlossen
werden

(1) Bei Fernabsatzverträgen, die über eine Online-Benutzeroberfläche geschlossen werden, stellt der Unternehmer sicher, dass der Verbraucher den Vertrag auch widerrufen kann, indem er eine Widerrufsfunktion benutzt. Die Widerrufsfunktion wird gut lesbar mit den Worten „Vertrag widerrufen“ oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung gekennzeichnet. Die Widerrufsfunktion ist während der gesamten Widerrufsfrist durchgehend verfügbar. Sie ist auf der Online-Benutzeroberfläche hervorgehoben platziert und für den Verbraucher leicht zugänglich.

(2) Die Widerrufsfunktion ermöglicht es dem Verbraucher, eine Online-Widerrufserklärung zu versenden, mit der der Unternehmer von der Entscheidung des Verbrauchers, den Vertrag zu widerrufen, in Kenntnis gesetzt wird. Über diese Online-Widerrufserklärung kann der Verbraucher ohne Weiteres die folgenden Informationen bereitstellen oder bestätigen:
a) seinen Namen;
b) Angaben zur Identifizierung des Vertrags, den der Verbraucher widerrufen möchte;
c) Angaben zu dem elektronischen Kommunikationsmittel, mit dem dem Verbraucher die Eingangsbestätigung für den Widerruf übermittelt werden wird.

(3) Sobald der Verbraucher die Online-Widerrufserklärung gemäß Absatz 2 ausgefüllt hat, ermöglicht der Unternehmer dem Verbraucher, ihm diese Erklärung mittels einer Bestätigungsfunktion zu übermitteln. Diese Bestätigungsfunktion wird gut lesbar und ausschließlich mit den Worten „Widerruf bestätigen“ oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung gekennzeichnet.

(4) Sobald der Verbraucher die Bestätigungsfunktion aktiviert hat, übermittelt der Unternehmer dem Verbraucher auf einem dauerhaften Datenträger unverzüglich eine Eingangsbestätigung, die unter anderem den Inhalt der Widerrufserklärung sowie das Datum und die Uhrzeit ihres Eingangs enthält.

(5) Das Widerrufsrecht des Verbrauchers gilt als innerhalb der einschlägigen Widerrufsfrist ausgeübt, wenn der Verbraucher die Online-Widerrufserklärung im Sinne dieses Artikels vor Ablauf dieser Frist abgegeben hat.“

Anstatt also eine bestehende Vorschrift aus wenigen Worten ganz leicht anzupassen, hat man eine neue Vorschrift mit insgesamt 5 Absätzen geschaffen.

Was bedeuten diese 5 Absätze im Einzelnen?

Online-Benutzeroberfläche

Die neue Regelung betrifft zunächst nur Fernabsatzverträge, die über eine Online-Benutzeroberfläche geschlossen wurden.

Wir wollen an dieser Stelle nicht näher darauf eingehen, welche juristischen Schwierigkeiten aus dieser Wortwahl erwachsen, insbesondere da nicht ganz klar wird, was eine Online-Benutzeroberfläche sein soll.

Ganz vereinfacht gesagt: Tätigt der Verbraucher eine Bestellung in einem Online-Shop, muss ihm in diesem Online-Shop die Möglichkeit geboten werden, den Vertrag über die Widerrufsfunktion zu widerrufen.

Hat der Verbraucher beim gleichen Unternehmen dagegen seine Bestellung per Post oder am Telefon getätigt, so muss ihm nicht die Möglichkeit geboten werden, diesen Vertrag über die Widerrufsfunktion auf der Website widerrufen zu können.

„Vertrag widerrufen“

Die zur Verfügung zu stellende Widerrufsfunktion muss mit den Worten „Vertrag widerrufen“ oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung gekennzeichnet sein. Ob man hierfür einen Button nutzt oder einen einfachen Textlink überlässt das Gesetz der unternehmerischen Freiheit.

Die Wendung im Gesetz „oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung“ kennen Online-Händler bereits von der sog. Button-Lösung. Auch die Vorgaben zur Beschriftung des Bestellbuttons machen diese Vorgabe.

Hält man sich an die gesetzliche Regelvorgabe, bekommt man keine Schwierigkeiten. Weicht man jedoch davon ab, muss im Zweifel ein Gericht überprüfen, ob die Formulierung noch entsprechend eindeutig ist.

Hervorgehobene Platzierung

Überspringen wir zunächst die Vorgaben zur Frage, wann und wie lange die Widerrufsfunktion anzuzeigen ist, und kommen zu einer anderen Verpflichtung: Die Hervorhebung.

Die Widerrufsfunktion muss auf der „Online-Benutzeroberfläche“ (sagen wir: auf der Website) hervorgehoben platziert und leicht verfügbar sein.

In Online-Shops finden sich im Footer der Website häufig zahlreiche Links, etwa auf das Impressum, die AGB, die Datenschutzerklärung, Cookie-Einstellungen sowie das Widerrufsrecht. Manchmal noch auf andere Unterseiten, wie FAQ, „Über uns“, „Karriere“ oder andere individuelle Seiten.

All diese Links sind „ständig verfügbar“, weil der Footer automatisch auf jeder einzelnen Unterseite im Shop erscheint.

Es würde aber nicht ausreichen, die Widerrufsfunktion im Footer in die Linkliste mit aufzunehmen. Dann würde es an der Hervorhebung fehlen.

Es würde sich z.B. tatsächlich ein Button anbieten, der farblich vom Hintergrund abgesetzt ist. Bereits dadurch könnte man die Hervorhebung erreichen.

„Während der Widerrufsfrist“

Besonders schwierige Fragen wirft die Formulierung in der Richtlinie auf, dass die Widerrufsfunktion „während der gesamten Widerrufsfrist durchgehend verfügbar“ sein muss.

Mit der „Widerrufsfunktion“ ist zunächst einmal nur der Link (oder Button) mit der Beschriftung „Vertrag widerrufen“ gemeint.

Wenn Verbraucher X auf die Website des Online-Shops gelangt, kann man zunächst noch gar nicht wissen, wer dieser X ist und ob er überhaupt schon mal eine Bestellung getätigt hat, geschweige denn, ob für diesen Vertrag noch die Widerrufsfrist läuft.

Dies alles müsste man aber wissen, um die Entscheidung zu treffen, ob der Widerrufsbutton angezeigt werden muss.

Nun könnte man pragmatisch sein und sagen: Diese Funktion wird immer angezeigt. Allerdings birgt dies die Gefahr, dass Gerichte das als irreführend ansehen. Wenn (z.B. im Footer) prominent hervorgehoben steht „Vertrag widerrufen“, könnte der Verbraucher denken, er kann seinen Vertrag noch widerrufen. Dies könnte einen Verstoß gegen das UWG darstellen und abgemahnt werden.

Eine Lösung dieser Frage ist noch nicht in Sicht. Man muss wohl abwarten, bis der Gesetzgeber die europäischen Vorgaben in deutsches Recht umsetzt und ob er diese Frage erkennt und angeht.

Versand der Online-Widerrufserklärung

Klickt der Verbraucher auf den Widerrufsbutton, muss ihm gemäß Abs. 2 der oben zitierten Vorschrift ermöglicht werden, eine Online-Widerrufserklärung abzusenden.

Dies wird in der Regel so gelöst werden, dass sich mit dem Klick auf den Button eine neue Seite öffnet, auf der ein Formular bereitgehalten wird.

In diesem Formular muss der Kunde folgende Informationen bereitstellen können:

  1. seinen Namen;
  2. Angaben zur Identifizierung des Vertrags, den der Verbraucher widerrufen möchte;
  3. Angaben zu dem elektronischen Kommunikationsmittel, mit dem dem Verbraucher die Eingangsbestätigung für den Widerruf übermittelt werden wird.

In dem Formular sollten keine weiteren Anfragen erfolgen. Insbesondere sollte kein Grund für den Widerruf abgefragt werden. Die Ausübung des Widerrufsrechtes ist an keine weiteren Voraussetzungen geknüpft außer der fristgerechten Ausübung. Die Abfrage eines Grundes kann als Einschränkung des Widerrufsrechtes ausgelegt werden.

Identifizierung des Vertrages

Zur Identifizierung des Vertrages kann der Verbraucher etwa eine Bestell- oder Auftragsnummer eingeben. Denkbar wäre auch die Rechnungsnummer (wenn er die Rechnung bereits erhalten hat).

An dieser Stelle sollte man dem Verbraucher mehrere Wahlmöglichkeiten anbieten und gleichzeitig erklären, wo sich die jeweiligen Nummern befinden.

An dieser Stelle könnte dem Verbraucher aber auch die weitere Möglichkeit eines LogIn in das eigene Kundenkonto angeboten werden.

LogIn in Kundenkonto

Macht der Verbraucher von dieser Alternative Gebrauch und loggt sich in sein Kundenkonto ein, könnten ihm alle seine Bestellungen, für die noch ein Widerrufsrecht besteht, angezeigt werden.

Per einfachem Klick könnte der Verbraucher dann auswählen, welche er davon widerrufen möchte.

Das Einloggen ins Kundenkonto darf aber keinesfalls verpflichtend sein. Zum einen hat nicht jeder Kunde ein Kundenkonto angelegt, in das er sich einloggen kann und zum anderen kann das Erfordernis des Einloggens als Verstoß gegen die Verpflichtung zur einfachen Verfügbarkeit nach Abs. 1 gesehen werden.

Elektronisches Kommunikationsmittel

Der Verbraucher muss außerdem ein elektronisches Kommunikationsmittel eingeben, an das die Bestätigung des Widerrufs zu senden ist.

Das kann z.B. eine E-Mail-Adresse sein.

Ob der Kunde verpflichtet werden kann, die gleiche Mail-Adresse zu nutzen wie bei der ursprünglichen Bestellung, kann noch nicht beantwortet werden. Dafür spricht, dass so besser überprüft werden kann, dass tatsächlich diejenige Person widerruft, die auch die Bestellung durchgeführt hat und nicht irgendein unbekannter Dritter.

Dagegen spricht, dass Verbraucher evtl. die Mail-Adresse gewechselt oder – aus welchem Grund auch immer – auf das ursprüngliche E-Mail-Konto keinen Zugriff mehr haben.

„Widerruf bestätigen“

Sobald der Verbraucher dieses Formular, also die Online-Widerrufserklärung, ausgefüllt hat, ermöglicht der Unternehmer dem Verbraucher, diese Erklärung mittels einer Bestätigungsfunktion zu übermitteln.

Dabei muss die Bestätigungsfunktion gut lesbar und ausschließlich mit den Worten „Widerruf bestätigen“ oder einer entsprechend eindeutigen Formulierung gekennzeichnet sein.

Dabei handelt es sich also um eine genaue Vorgabe für die Beschriftung des Buttons, mit der die Erklärung abgesendet wird.

Strenggenommen, ist die Bezeichnung „bestätigen“ inhaltlich falsch. Denn der Verbraucher bestätigt seinen Widerruf nicht, sondern sendet ihn erst einmal nur ab.

Versand einer Eingangsbestätigung

Hat der Verbraucher den Widerruf abgesendet, muss der Unternehmer eine Eingangsbestätigung an den Verbraucher versenden. In dieser muss der Inhalt der Widerrufserklärung enthalten sein sowie das Datum und die Uhrzeit des Eingangs.

Probleme können sich hierbei ergeben, wenn der Verbraucher sich bei der Eingabe seiner E-Mail-Adresse im Formular vertippt hat. Dies sollte dem Unternehmen aber nicht zum Nachteil werden, da die Verantwortlichkeit für eine korrekte Eingabe der E-Mail-Adresse beim Verbraucher liegt.

Wichtig ist, dass in der Bestätigungsmail keine anderen Informationen enthalten sind. Anderenfalls ist schnell die Schwelle zur E-Mail-Werbung überschritten und eine solche wäre nur bei Vorliegen einer Einwilligung zulässig.

Fristgerechte Ausübung des Widerrufsrecht

Das Gesetz enthält dann noch eine Klarstellung: Das Widerrufsrecht hat der Verbraucher fristgerecht ausgeübt, wenn er die Online-Widerrufserklärung vor Ablauf der Frist abgegeben hat.

Anpassung der Widerrufsbelehrung

Die neuen Vorgaben zum Widerrufs-Button haben auch Auswirkungen auf die Widerrufsbelehrung. Diese Änderung darf aber erst vorgenommen werden, wenn die nationalen Gesetze in Kraft getreten sind. Erst dann kann auch gesagt werden, wie konkret die Widerrufsbelehrung anzupassen ist. Leider weicht der deutsche Gesetzgeber bei der Gestaltung der Belehrung immer wieder von den europäischen Vorgaben ab.

Wer bereits vorher seine Widerrufsbelehrung anpasst, verstößt ggfs. gegen das aktuell geltende Recht.

Anpassung der Datenschutzerklärung

Wenn das Formular gemäß der gesetzlichen Vorschriften eingebunden ist, muss auch die Datenschutzerklärung angepasst werden. Die Einbindung des Formulars und der entsprechenden Funktionen ist mit neuen Datenverarbeitungsvorgängen verbunden.

Wie genau die Datenschutzerklärung anzupassen ist, kann aber erst gesagt werden, wenn Deutschland die entsprechenden Umsetzungsgesetze erlassen hat.

Neben der Datenschutzerklärung sollte auch das Verarbeitungsverzeichnis erweitert werden, damit intern die Datenverarbeitungsvorgänge genau dokumentiert sind.

Umsetzung der neuen Vorgaben

Die Mitgliedstaaten müssen die Vorgaben der Richtlinie noch in nationales Recht umsetzen. Bis zum 19. Dezember 2025 müssen die neuen gesetzlichen Regelungen erlassen und veröffentlicht sein. Diese gelten dann ab 19. Juni 2026.

Fazit

Die neuen Regelungen sind sehr komplex und es sind für die Umsetzung in der Praxis noch einige Fragen offen. Dies wird leider zur Folge haben, dass sich die Gerichte mit diesen Fragen beschäftigen müssen.

Wir werden Sie weiter auf dem Laufenden halten, sobald klar wird, wie Deutschland die neue Richtlinie umsetzen wird.

Martin Rätze

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