Im Rahmen des Widerrufsrechtes sind Fristen sehr maßgeblich: Der Verbraucher hat 14 Tage ab Lieferung der Ware Zeit, dieses Recht auszuüben. Mit der Ausübung beginnt eine neue 14-Tage-Frist, innerhalb derer der Verbraucher die Ware zurücksenden muss. Was passiert aber, wenn der Verbraucher die Ware erst nach mehreren Monaten zurücksendet? Das AG Münster hat sich mit der Frage beschäftigt.
Ein Verbraucher verklagte vor dem AG Münster (Urt. v. 21.09.2018, 48 C 432/18) einen Online-Händler, weil dieser die Rückzahlung des Kaufpreises nach einem Widerruf des Verbrauchers verweigerte.
Rücksendung in mehreren Teilen
Im Mai 2017 bestellt der Verbraucher Waren zu einem Gesamtpreis von über 1.600 Euro beim beklagten Händler über dessen Online-Shop. Nach der Lieferung erklärte der Verbraucher seinen Widerruf in Bezug auf den Großteil der gelieferten Waren. Der Verbraucher schickte dann einen ersten Teil der Waren zurück. Auf der Rücksendung vermerkte er den Hinweis „Lieferung 1 von 2“.
Nachdem diese Rücksendung den Händler erreichte erstattete dieser 692 Euro.
Den zweiten Teil der Rücksendung schickte der Verbraucher nach Problemen mit verschiedenen Versendern erst im November 2017 den Händler. Dieser teilte daraufhin dem Verbraucher mit, dass er die Waren nicht annehme und forderte den Verbraucher zur Rücknahme auf. Außerdem erklärte der Händler, dass eine Erstattung des restlichen Kaufpreises nicht erfolgen werde.
Auch auf ein Schreiben mit Aufforderung zur Erstattung des Kaufpreises unter entsprechender Fristsetzung erfolgte diese nicht.
Im anschließenden Prozess vor dem AG Münster berief sich der Händler darauf, dass der Rückzahlungsanspruch des Verbrauchers verwirkt sei. Er hätte nicht damit rechnen müssen, dass der Verbraucher noch eine zweite Rücksendung vornehme. Nach der ersten Rücksendung sei er davon ausgegangen, dass die Sache insgesamt erledigt sei.
Zurückbehaltungsrecht des Händlers
Grundsätzlich steht dem Händler im Fall des Widerrufs ein Zurückbehaltungsrecht bezüglich des zu erstattenden Kaufpreises zu. Dieses Recht besteht solange, bis der Händler die Ware zurückerhalten hat oder bis der Nachweis der ordnungsgemäßen Ablieferung durch den Verbraucher erbracht wurde.
Hinweis:
Der Händler muss dieses Recht ausüben, d.h. er muss gegenüber dem Kunden erklären, dass er die Erstattung erst nach Rücksendung bzw. nach Erbringung des Absendenachweises vornehmen werde. Erklärt der Händler dies nicht, sondern behält den Kaufpreis stillschweigend ein, gerät er in Schuldnerverzug und muss entsprechende Verzugszinsen zahlen.
Dem hier beklagten Händler stand dieses Zurückbehaltungsrecht nach § 357 Abs. 4 BGB allerdings nicht mehr zu, da er die Ware unstreitig erhalten hatte. Ob er die Ware auch behalten wollte, spielte dabei keine Rolle, es kam vielmehr darauf an, dass er den Besitz erlangt hatte, was hier unstreitig der Fall war.
Keine Verwirkung
Der Anspruch des Verbrauchers war auch nicht in Folge Verwirkung erloschen. Das Gesetz kenne diese Rechtsfolge aufgrund der verspäteten Rücksendung nicht, so das Gericht. Eine solche Rechtsfolge ergebe sich auch nicht aus der Verbraucherrechterichtlinie, die die europarechtliche Grundlage des Widerrufsrechtes bildet. Nach den Vorgaben der Richtlinie müssen die Mitgliedsstaaten allerdings für Verstöße gegen die Vorschriften Sanktionen festlegen, die wirksam, angemessen und abschreckend sind. Dies sind nach Auffassung des Gerichts im deutschen Recht die Vorschriften über den Schuldnerverzug.
Auch wegen eines Verstoßes aus dem Grundsatz von Treu und Glauben war der Anspruch nicht ausgeschlossen. Hierfür hätte der Händler darauf vertrauen müssen, dass keine weitere Rücksendung durch den Verbraucher erfolgt.
Einen solchen Vertrauenstatbestand hatte der Verbraucher hier aber nicht geschaffen. Ganz im Gegenteil: Der Händler musste sogar zwingend mit einer weiteren Rücksendung rechnen. Denn schon bei der ersten Rücksendung vermerkte ja der Verbraucher den Hinweis, dass es sich hier um „Lieferung 1 von 2“ handelte. Außerdem folgte daraufhin keine weitere Kontaktaufnahme. Bei einem solchen Hinweis hätte aber der Händler eigentlich Kontakt zum Verbraucher aufnehmen sollen. Dies schon deswegen, weil der Händler die Gefahr der Rücksendung trägt. Daher hätte er bei Verbraucher nachfragen können (und sollen), ob dieser die zweite Rücksendung bereits veranlasst habe.
Damit bestand der Erstattungsanspruch des Verbrauchers weiterhin und der Händler wurde zur Rückzahlung der noch offenen 900 Euro verurteilt.
Fazit
Sendet der Verbraucher die Ware nicht innerhalb der 14-tägigen Rücksendefrist zurück, hat dies letztlich keine Konsequenzen für den Verbraucher, obwohl die Mitgliedstaaten für solche Verstöße wirksame Sanktionen festzulegen haben. Die Vorschriften über den Schuldnerverzug sind hier lediglich ein Papiertiger, da dem Händler ein Nachweis, dass ihm ein Schaden aufgrund einer verspäteten Rücksendung durch den Verbraucher entstanden ist, in der Praxis wohl nie erbringen kann. Der Verbraucher erleidet dann lediglich „den Nachteil“, dass er auch sein Geld erst später zurück erhält. (mr)
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