Marketing im Corona-Modus

Die Corona-Krise hat auch vor der Wirtschaft nicht Halt gemacht. Die meisten Unternehmen kämpfen mit Umsatzeinbußen. Der Versandhandel ist (theoretisch) zwar noch uneingeschränkt möglich, aber auch hier fehlen Mitarbeiter und die Kunden beschäftigen sich gerade mit anderen Dingen als mit Shoppen. Nachdem in den ersten Tagen der Krise Sofortmaßnahmen entwickelt wurden, gilt es nun, über Marketing-Strategien nachzudenken, die aber auch rechtlich in Ordnung sein müssen.

Was hilft gegen die Corona-Krise im Unternehmen? Das fragen sich jetzt viele Marketing-Verantwortliche. Wir wollen ein paar Ideen aus rechtlicher Sicht beleuchten auf zeigen auf, auf was Sie achten müssen.

Aktionen ausdenken und planen

Potenzielle Kunden müssen auch in diesen Zeiten mit klugen und gut durchdachten Aktionen angesprochen werden. Insbesondere die gute Planung hilft dabei, die richtigen Zielgruppen attraktiv zu erreichen.

Die folgenden drei Beispiele sollen hier einmal näher beleuchtet werden:

  • Verlängerung der Widerrufsfrist
  • Rabattgutscheine
  • Werbemittel versenden

Transparenz ist das Motto der Wahl

Auch in Zeiten der Krise ist Transparenz in der Kommunikation enorm wichtig. Kunden müssen auf Anhieb verstehen, was Sie mit einer Aktion genau sagen wollen. Dies ist nicht nur ein Gebot aus Kundensicht, sondern auch ein rechtliches.

Das wohl bekannteste Beispiel in Sachen Transparenz ist die Werbeaktion „20 % auf alles!“. Tatsächlich waren aber zahlreiche Produkte von diesem „alles“ ausgenommen. Das verärgert nicht nur Kunden, sondern auch Mitbewerber, die dann abmahnen können.

Lassen Sie Ihre Marketing-Aktionen von anderen Menschen gegenprüfen – am besten von jemanden, der sich nicht mit Marketing beschäftigt, sondern von jemanden, der ein ganz normaler Verbraucher ist und unbefangen über eine Aktion schaut. So können Sie schon sehr viele Fehler von vornherein vermeiden.

Lieferzeiten anpassen

Bevor man sich aber „Sonderaktionen“ ausdenkt, sollte man den Shop auf Richtigkeit kontrollieren, insbesondere bei den Lieferzeiten. Wenn Sie z.B. wissen, dass Ihr Logistiker aktuell Schwierigkeiten hat, die sonst gewohnte Schlagzahl an Lieferungen zu leisten, dann müssen Sie auch Ihre Lieferzeiten im Shop anpassen.

Zwar melden die großen Logistiker, dass die Versorgung dort aktuell sichergestellt ist, Händler sollten hier aber unbedingt die Entwicklungen beobachten.

Wer mit einer Lieferzeit von 2 Tagen wirbt, obwohl er genau weiß, dass aktuell die Lieferzeit 6 Tage oder länger beträgt, wird sich schnell mit negativen Kundenbewertungen und schlechten Erfahrungsberichten in Foren beschäftigen müssen. Das sollte unbedingt vermieden werden.

Händler sind nach Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 7 EGBGB verpflichtet, den Termin zu nennen, bis zu dem sie die Ware liefern. Es muss also angegeben werden, wann der Kunde die Ware erhält. Am besten arbeitet man dabei mit „Circa-Angaben“, auf Angaben wie „gewöhnlich“, „normalerweise“ oder „in der Regel“ sollte unbedingt verzichtet werden.

Lieferzeiten gehören übrigens auf die Produktseite. In AGB oder auf Kundeninformationsseiten haben diese eigentlich nichts zu suchen, da Lieferzeiten eine produktbezogene Information sind.

Verlängerung der Widerrufsfrist

Gehören Ihre Kunden zu Risikogruppen? Wollen Sie Kunden in häuslicher Isolation oder Quarantäne unterstützen? Dann können Sie über eine Verlängerung der Widerrufsfrist nachdenken. So haben Ihre Kunden länger Zeit, sich über den Kauf Gedanken zu machen. Können diese gerade nicht das Hausverlassen, um ein Paket zur nächsten DHL-Station zu bringen, haben sie auch dafür dann länger Zeit.

Eine Verlängerung der Widerrufsfrist ist ohne Weiteres möglich (OLG Frankfurt, Beschluss v. 07.05.2015, 6 W 42/15). Wichtig ist nur, dass diese länger als die 14 Tage sind, die das Gesetz ohnehin vorschreibt. Wer also die Frist auf 30, 40 oder 120 Tage verlängern möchte, kann dies tun.

Dabei sollte aber beachtet werden, dass diese Frist an allen Stellen im Shop geändert wird. Nutzen Sie z.B. FAQ oder eine zusätzliche Unterseite „Rücksendungen“, ist die Information über die Frist auch dort zu ändern.

Finden sich im Shop an unterschiedlichen Stellen unterschiedliche Aussagen zur Widerrufsfrist, ist dies irreführend und kann abgemahnt werden.

Auch in den Informationen, die der Kunde nach Abgabe der Bestellung erhält, ist die Info über die Frist entsprechend anzupassen.

Verschiedene Händler wollen auch eigene Rückgaberechte (quasi zusätzlich zum Widerrufsrecht) etablieren. Auch dies ist grundsätzlich möglich. Man sollte aber bedenken, dass dies aus rechtlicher Sicht wesentlich komplizierter ist. Hier sollte man sich beraten lassen bei der Umsetzung.

Krisen-Gutscheine

Gutscheine sind immer sehr wirksame Marketing-Mittel. Wer dies einsetzen möchte, sollte darauf achten, dass die Verbraucher genau verstehen, welchen Vorteil sie durch das Einlösen des Gutscheins erhalten und zu welchen Bedingungen sie den Gutschein nutzen können.

Zu den Informationen, die der Verbraucher benötigt, gehören:

  • Höhe des Gutscheins (z.B. 5 Euro, 10 Prozent; versandkostenfreie Bestellung; 10 Euro auf den nächsten Einkauf)?
  • Gutscheinbedingungen (z.B. Gutscheincode im Bestellprozess eingeben; Mindestbestellwert; nur für Neukunden; wenn man sich für den Newsletter anmeldet; nur ein Gutschein pro Bestellung; nur ein Gutschein pro Kunde; keine Barauszahlung)?
  • Ausnahmen (z.B. gilt nicht für den Kauf von Büchern; gilt nur für Hosen)?
  • Gültigkeitszeitraum (z.B. beim nächsten Einkauf; einzulösen bis …)

Gutscheinbedingungen können je nach der dahinterstehenden Idee sehr lang und kompliziert sein. Dies sollte man bei einer solchen Aktion immer bedenken. Auch wenn man sich im Marketing denkt „Wir wollen das so einfach wie möglich haben“, ist dies auch rechtlicher Sicht nicht immer der Fall.

Werbemittel versenden

Sind alle Aktionen ausgedacht, alle Texte vorbereitet und der Shop entsprechend umgestellt, dann gilt es, an die Kommunikation zu gehen. Denn was nützt die beste Aktion, wenn die potentiellen Kunden davon nichts erfahren?

Die einfachste Kommunikation ist sicherlich ein Störer auf der eigenen Website. Einen größeren Erfolg hat so eine Aktion aber bei der direkten Ansprache der Kundschaft.

Händler können bei der Kommunikation regelmäßig auf ihre Stammkunden zurückgreifen. Sollen diese aber direkt angeschrieben werden, sind das Datenschutz- und Wettbewerbsrecht zu beachten.

Insbesondere die Kommunikation per Mail ist hier nur bei Vorliegen einer Einwilligung zulässig! Die sog. Bestandskundenausnahme greift bei den hier dargestellten allgemeinen Aktionen nie, da diese u.a. nur greift, wenn man Werbung für eigene, ähnliche Produkte machen will.

Die Werbung per Post ist da wesentlich einfacher umzusetzen. Hier muss man aber darauf achten, dass man nicht einfach jeden, der in den letzten 15 Jahren auch nur einmal eingekauft hat, anschreibt. Ein solches Vorgehen offenbart schwerwiegende Defizite im Bereich des Datenschutzes im Unternehmen.

Wer in seiner Datenschutzerklärung aber darüber informiert hat, dass man die Daten der Kunden auch zu Zwecken der Postwerbung versenden wird, kann seine Kunden auch per Postwerbung ansprechen.

Am Anfang schon ans Ende denken!

Wer spezielle „Krisen-Aktionen“ plant und starten möchte, sollte bereits jetzt daran denken, dass die Krise irgendwann auch wieder vorbei sein wird. Dann muss die Widerrufsfrist z.B. wieder zurückgedreht werden.

Hierfür bietet sich an, zunächst genau zu dokumentieren, an welchen Stellen man die (verlängerte) Frist kommuniziert hat. Diese Dokumentation kann bei der Beendigung der Aktion dann wie eine Checkliste abgearbeitet werden, um wieder die normale Frist zu kommunizieren.

Eine Variante ist auch, bereits von Anfang an, ein Ende der Aktion zu nennen:

„Für alle Bestellungen bis zum 30. Juni 2020 gilt eine Widerrufsfrist von 60 Tagen. Einzelheiten siehe Widerrufsbelehrung.“

Allerdings ist niemand, der ein solches Ende nicht von Anfang an plant, auch zur Kommunikation einer solchen Frist verpflichtet. Wichtig ist auch: Wer eine solche Endfrist nennt, muss sich auch daran halten.

Am obigen Beispiel: Ist der 30. Juni erreicht und die Krise noch nicht vorbei, müsste man sich eine neue Aktion ausdenken. Hier könnte man dann aber auch einfach die verlängerte Widerrufsfrist ändern, z.B. in 50 Tage.

Abmahnungen drohen auch in der Krise

Viele Unternehmen gehen davon aus, dass in der Krise nicht abgemahnt wird. „Die haben etwas Besseres zu tun“, „Die sollen sich um ihre eigenen Sachen kümmern“ hört man immer wieder, wenn man mit Unternehmen über das Abmahnproblem spricht.

Aber auch in der aktuellen Krise wird abgemahnt. Abmahnwellen, wie an manchen Stellen behauptet wird, gibt es aktuell aber nicht! Das Aufkommen an Abmahnungen ist nicht erhöht im Vergleich zu „normalen“ Zeiten.

Man darf auch nicht vergessen, dass es aktuell zahlreiche schwarze Schafe ist, die die Krise in eklatant unlauterer Weise für sich nutzen wollen. So berichtet die Wettbewerbszentrale über einige unseriöse Anbieter, die man aktuell abmahnt. Grundsätzlich erklärt die Wettbewerbszentrale aber z.B., dass sie aktuell besonderes Augenmaß an den Tag legt.

Bei aller Aufregung über Abmahnung sollte man nicht vergessen: Wenn man eine rechtlich fehlerhafte Marketing-Aktion startet, weiß man von außen nicht, ob dies Folge einer internen Unachtsamkeit oder Ausdruck einer mutwilligen Verbrauchertäuschung ist.

Hinzu kommt: Auch die Behörden (z.B. die Datenschützer) sind aktuell nicht untätig, sondern verschicken auch aktuell noch Schreiben an Unternehmen.

Fazit

Viele Unternehmen fahren aktuell „auf Sicht“ – auch im Marketing – in der Hoffnung, dass die Krise schnell wieder vorbei geht. Davon gehen wir aktuell nicht aus. Daher lohnt es sich, eine geplante Aktion genau zu durchdenken und an die Einhaltung der rechtlichen Vorschriften anzupassen. Dies schützt vor Abmahnungen und Bußgeldern. Außerdem hilft eine transparente, rechtskonforme Kommunikation, damit man seine eigenen Kunden nicht verärgert, die dann ihrem Unmut (zu Recht) in Kundenbewertungen und Foren kundtun. Hier kann man sich als Unternehmen in der Krise noch mehr selbst schaden.

Wir stehen auch in der Krise mit unserer Beratung für Sie bereit und unterstützen Sie gerne bei der Entwicklung und Umsetzung Ihrer Ideen.

Martin Rätze