Corona-Antworten für Arbeitgeber

Corona hat uns alle fest im Griff. Zur Zeit beschäftigen sich fast alle Unternehmen mit den Folgen der Pandemie. Neben Einbußen bei den Umsatzzahlen hat das Virus aber auch Auswirkungen auf Arbeitsverhältnisse. Wir beantworten wichtige Fragen zu den Corona-Folgen, die sich Arbeitgeber jetzt stellen.

Entschädigung bei Quarantäne / Tätigkeitsverbot

Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) ist die Rechtsgrundlage für viele der aktuellen Maßnahmen. Das Gesetz kennt aber auch Entschädigungsregelungen. Aber wann greifen diese?

Wann bekommt man eine Entschädigung?

Für die Anordnung einer Quarantäne ist grundsätzlich eine behördliche Entscheidung erforderlich.

Hierzu heißt es in § 30 Abs. 1 IfSG:

(1) Die zuständige Behörde hat anzuordnen, dass Personen, die an Lungenpest oder an von Mensch zu Mensch übertragbarem hämorrhagischem Fieber erkrankt oder dessen verdächtig sind, unverzüglich in einem Krankenhaus oder einer für diese Krankheiten geeigneten Einrichtung abgesondert werden. Bei sonstigen Kranken sowie Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen und Ausscheidern kann angeordnet werden, dass sie in einem geeigneten Krankenhaus oder in sonst geeigneter Weise abgesondert werden, bei Ausscheidern jedoch nur, wenn sie andere Schutzmaßnahmen nicht befolgen, befolgen können oder befolgen würden und dadurch ihre Umgebung gefährden.

Hier sind jedoch lediglich spezielle Vorgaben in Bezug auf die Behandlung der betroffenen Person enthalten.

Auch kann die zuständige Behörde ein berufliches Tätigkeitsverbot verhängen.

Hierzu regelt § 31 IfSG:

Die zuständige Behörde kann Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen und Ausscheidern die Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten ganz oder teilweise untersagen. Satz 1 gilt auch für sonstige Personen, die Krankheitserreger so in oder an sich tragen, dass im Einzelfall die Gefahr einer Weiterverbreitung besteht.

In jedem Fall muss hier aber eine behördliche Entscheidung erfolgt sein.

Lohnfortzahlung: 6 Wochen

Der Arbeitgeber muss in diesem Fall dem betroffenen Mitarbeiter 6 Wochen die Entschädigung nach § 56 Abs. 5 IfSG in voller Lohnhöhe auszuzahlen. Zugunsten des Arbeitgebers greift dann § 56 Abs. 5 S. 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG). Dieser besagt, dass dem Arbeitgeber die ausgezahlten Beträge von der zuständigen Behörde auf Antrag erstattet werden. Ab Woche 7 erhält der Arbeitnehmer dann Krankengeld von der Krankenkasse.

(1) Wer auf Grund dieses Gesetzes als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne von § 31 Satz 2 Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt oder unterworfen wird und dadurch einen Verdienstausfall erleidet, erhält eine Entschädigung in Geld. Das Gleiche gilt für Personen, die als Ausscheider oder Ansteckungsverdächtige abgesondert wurden oder werden, bei Ausscheidern jedoch nur, wenn sie andere Schutzmaßnahmen nicht befolgen können. Eine Entschädigung nach den Sätzen 1 und 2 erhält nicht, wer durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung oder anderen Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die gesetzlich vorgeschrieben ist oder im Bereich des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Betroffenen öffentlich empfohlen wurde, ein Verbot in der Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit oder eine Absonderung hätte vermeiden können.

(2) Die Entschädigung bemisst sich nach dem Verdienstausfall. Für die ersten sechs Wochen wird sie in Höhe des Verdienstausfalls gewährt. Vom Beginn der siebenten Woche an wird sie in Höhe des Krankengeldes nach § 47 Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gewährt, soweit der Verdienstausfall die für die gesetzliche Krankenversicherungspflicht maßgebende Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteigt.

[…]

(5) Bei Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, längstens für sechs Wochen, die Entschädigung für die zuständige Behörde auszuzahlen. Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet. Im Übrigen wird die Entschädigung von der zuständigen Behörde auf Antrag gewährt.

 Weitere Infos z.B. vom Landschaftsverband Rheinland hier.

Keine Entschädigung bei Umsatzeinbußen ohne Quarantäne

Keine Entschädigung erhält man grundsätzlich, wenn die Umsatzeinbußen nicht auf eine behördlich angeordnete Quarantäne oder ein Tätigkeitsverbot zurückzuführen ist. Die von Bund, Land NRW oder freiwillig beschlossenen Betriebsschließungen sind danach keine Quarantänen oder Tätigkeitsverbote i.S.d. Infektionsschutzgesetzes.

Hierzu zählen die Schließung von Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen und Kindertageseinrichtungen, die Absage oder Untersagung von Veranstaltungen aller Art, das Verbot der Durchführung von Märkten, die Anordnung von Betriebsschließungen wie z.B. Fitnessstudios, Bars, Clubs, etc. Diese Maßnahme stellt keine Quarantäne oder ein Tätigkeitsverbot dar. Die Landschaftsverbände können in diesen Fällen keine Entschädigung vornehmen. Bei Umsatzeinbußen aufgrund dieser Maßnahmen handelt es sich um das allgemeine Betriebsrisiko.

So zumindest der gesetzliche Wortlaut. Allerdings mehren sich zwischenzeitlich die Stimmen unter den mit diesen Fragen befassten Anwälten, die auch in diesen Fällen entweder eine Entschädigung nach Infektionsschutzgesetz oder nach den allgemeinen Regeln der Staatshaftung bejahen.

Gilt Selbstisolation als Quarantäne?

Wenn jemand z.B. nach einem Urlaub in einem Risikogebiet zurückkommt und die Empfehlung lautet, Sozialkontakte zu meiden und zu Hause zu bleiben, handelt es sich nicht um Quarantäne.

Freiwillige Quarantäne/Anspruch auf Lohn

Sofern Angestellte nicht arbeitsunfähig sind, sind sie grundsätzlich zur Erbringung der Arbeitsleistung verpflichtet.

Besteht bei einem Arbeitnehmer aber der Verdacht, sich mit dem Corona-Virus angesteckt zu haben – etwa weil er z.B. in Kontakt mit einer Person war, bei der eine Infektion festgestellt wurde, kann ein sogenannter vorübergehender Verhinderungsgrund vorliegen (§ 616 S.1 BGB). Der Arbeitnehmer darf in dem Fall von der Arbeit fernbleiben, behält aber grundsätzlich gleichwohl seinen Anspruch auf Entgelt (kann durch Tarif- oder Arbeitsvertrag begrenzt sein).

Ein solcher Verhinderungsgrund liegt z.B. auch bei einem medizinisch notwendigen Arztbesuch vor, wenn dieser nur während der Arbeitszeit erfolgen kann. Ist zur medizinischen Abklärung eines Corona-Verdachts das Fernbleiben von der Arbeit nötig, muss der Arbeitgeber unverzüglich über das Fernbleiben von der Arbeit informiert werden.

Arbeitnehmer nach Hause schicken?

Der Arbeitgeber ist zudem aus seiner Fürsorgepflicht heraus verpflichtet, einen objektiv arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmer von der Arbeit fernzuhalten. Schickt der Arbeitgeber einen solchen Arbeitnehmer nach Hause, behält der Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Es gelten die Regelungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG).

Ein Arbeitgeber, der Arbeitnehmer, die arbeitsfähig und auch arbeitsbereit sind, rein vorsorglich nach Hause schickt bzw. von der Arbeit freistellt, bleibt zur Zahlung der Vergütung verpflichtet (so genannter Annahmeverzug – § 615 S. 1 BGB). In diesen Fällen muss der Arbeitnehmer die ausgefallene Arbeitszeit auch nicht nachholen.

Wer beurteilt, ob Arbeitnehmer freigestellt wird?

Die Entscheidung ob man als Arbeitgeber einen Arbeitnehmer von der Arbeit freistellt muss man tatsächlich selbst treffen. Kriterien für eine Freistellung könnten sein,

  • Empfehlung durch den Arzt,
  • Krankheitssymptome,
  • Rückkehr aus Risikogebiet.

Hat eine Behörde die Quarantäne oder das Beschäftigungsverbot nicht angeordnet, verbleibt es aber grundsätzlich zunächst bei dem Lohnanspruch durch den Arbeitnehmer.

Maßnahmen zum Arbeitsschutz

Neben einer behördlich angeordneten Quarantäne greift aber auch das Arbeitsschutzgesetz. Nach § 3 Arbeitsschutzgesetz ist der Arbeitgeber (unabhängig von behördlichen Maßnahmen) dazu verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes für die die Sicherheit und die Gesundheit der bei ihm beschäftigten Personen zu ergreifen. Dies kann in der aktuellen Lage z.B.

  • die Ermöglichung von Homeoffice,
  • die Bereitstellung von Handseifen, Papierhandtücher, geschlossene Müllbehälter und evtl. auch Handdesinfektionsmitteln. Arbeitnehmer müssen sich auch während der Arbeitszeit die Hände waschen können etc.
  • die Gestaltung der Arbeitsplätze in der Art sein, dass zwischen Mitarbeitern ein ausreichender Abstand von mindestens 1,5 Metern eingehalten wird
  • ggf. sollten besonders schutzbedürftige Beschäftigtengruppen (insbesondere ältere und vorerkrankte Beschäftigte oder Menschen mit Behinderungen) von der Arbeit freigestellt werden, wenn es keine Möglichkeit gibt, dass sie ohne direkten sozialen Kontakt ihre Arbeit verrichten können.
  • auch Beginn und Ende der Arbeitszeiten ist etwa bei Zeiterfassung, Umkleideräumen etc. so zu gestalten, dass vermieden wird, dass es zu einem engen Zusammentreffen mehrerer Arbeitnehmer kommt.
  • Pausenregeln sollte man ggf. so anpassen, dass Arbeitnehmer den Sicherheitsabstand etwa in Pausenräumen / Kantinen eingehalten, z.B. durch versetzte Pausen.

Dagegen kann der Arbeitgeber übrigens nicht einseitig bestimmen, dass einzelne Arbeitnehmer jetzt ihren kompletten Jahresurlaub zu nehmen haben.

Wichtig: In Unternehmen mit Betriebsräten ist auch immer die Mitbestimmung zu beachten, da anderenfalls einzelne (gutgemeinte) Maßnahmen des Arbeitgebers sogar rechtswidrig sein können.

Fazit

Da eine solche Situation in der jüngeren Geschichte noch nie dagewesen ist, kann man auch noch keine Erfahrungsberichte aus der Praxis im Umgang mit den Regeln des Infektionsschutzes zu Rate ziehen. Gleichwohl beschäftigen sich Juristen natürlich auch mit solchen neuen Gegebenheiten. Wir unterstützen Sie gerne bei Maßnahmen in Ihrem Betrieb.

Martin Rätze