Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat einen Referentenentwurf zur Neuregelung der Gewährleistungsvorschriften veröffentlicht. Damit wird die neue Warenkaufrichtlinie umgesetzt. Für Unternehmen bedeutet dies einiges an Umstellung. Wir geben Ihnen einen Überblick.
Das Justizministerium veröffentlichte am 10.12.2020 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags. In der zugehörigen Pressemitteilung lobt das Ministerium den neuen Entwurf:
Mit dem Referentenentwurf soll das Kaufgewährleistungsrecht in Europa weiter vereinheitlicht, der grenzüberschreitende elektronische Handel gefördert und das Wachstumspotenzial des Online-Handels ausgenutzt werden. Insbesondere kleinere und mittelständische Unternehmen sollen von einheitlichen Gewährleistungsregeln profitieren, weil die Kosten für die Anpassung von Verträgen geringer ausfallen. Durch die Förderung des grenzüberschreitenden Handels sollen den Händlern weitere Absatzmöglichkeiten und den Verbraucherinnen und Verbrauchern eine größere Produktvielfalt mit attraktiveren Preisen eröffnet werden.
Die Regelungen im Einzelnen
Zunächst definiert § 434 BGB-RefE den Begriff des Sachmangels neu. Dabei werden die Vorgaben aus der Warenkaufrichtlinie umgesetzt. Eine Änderung von Abläufen im Unternehmen ist damit aber nicht verbunden. Inhaltlich ergeben sich zumindest in einer ersten Analyse keine echten Änderungen.
Verbraucher muss die Sache zum Unternehmen bringen
Ergänzend kommt im Rahmen der Nacherfüllungsvorschriften eine Pflicht hinzu, dass der Käufer dem Verkäufer die Sache zum Zweck der Nacherfüllung zur Verfügung stellen muss. In der Begründung heißt es dazu:
Dadurch wird dem Verkäufer ermöglicht, die Kaufsache daraufhin zu prüfen, ob diese tatsächlich mangelhaft ist und gegebenenfalls die vom Käufer gewählte Nachbesserung vorzunehmen. Mit § 439 Absatz 5 BGB-E wird dies nunmehr gesetzlich geregelt. Systematik und Wortlaut der unionsrechtlichen Vorgabe deuten indes darauf hin, dass es sich nicht bloß um eine Obliegenheit des Käufers handelt, sondern um eine erzwingbare Pflicht.
Meldet sich also in Zukunft ein Verbraucher und reklamiert einen Mangel, so muss er die Sache auch an den Unternehmer zurücksenden. Die Kosten hierfür trägt allerdings weiterhin das Unternehmen.
Gewährleistung trotz Kenntnis des Mangels
In § 442 BGB ist aktuell bestimmt (und dies wird auch in Zukunft so gelten), dass die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen sind, wenn dieser den Mangel kennt.
Diese Einschränkung der Gewährleistungsrechte des Kunden sollen in Zukunft nicht mehr gelten, wenn der Käufer ein Verbraucher und der Verkäufer ein Unternehmen ist (also bei einem Verbrauchsgüterkauf).
Hintergrund ist, dass die Warenkaufrichtlinie einen solchen Ausschluss von den Gewährleistungsrechten nicht kennt.
Für den Verbrauchsgüterkauf wird eine Möglichkeit des vertraglichen Gewährleistungsausschlusses bei solchen Situationen in § 476 Abs. 1 BGB-RefE geschaffen. Dieser soll lauten:
(1) Auf eine vor Mitteilung eines Mangels an den Unternehmer getroffene Vereinbarung, die zum Nachteil des Verbrauchers von den §§ 433, 434, 437, 439 bis 441 und 443 sowie von den Vorschriften dieses Untertitels abweicht, kann der Unternehmer sich nicht berufen. Von den Anforderungen nach § 434 Absatz 3, § 475b Absatz 4 und 5 oder § 475c Absatz 3 kann vor Mitteilung eines Mangels an den Unternehmer durch Vertrag abgewichen werden, wenn
1. der Verbraucher vor der Abgabe seiner Vertragserklärung eigens davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass ein bestimmtes Merkmal der Sache von den objektiven Anforderungen abweicht, und
2. diese Abweichung im Sinne der Nummer 1 im Vertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart wurde.
Die Bestimmung der „Ausdrücklichkeit“ einer entsprechenden Vereinbarung in Nr. 2 macht deutlich, dass dies in AGB nicht möglich ist.
Diese Änderung betrifft insbesondere Unternehmen, die mit gebrauchten Waren handeln.
Keine Verjährungsverkürzung in AGB
Das Gesetz ermöglicht grundsätzlich weiterhin eine Verkürzung der Verjährungsfristen in Bezug auf die Gewährleistung. Der neue § 476 Abs. 2 BGB-RefE bestimmt aber auch hierzu, dass diese ausdrücklich zu treffen sind. Das bedeutet, dass eine solche Regelung in AGB nicht möglich ist.
Für neue Sachen gilt dies bereits nach der aktuellen Rechtslage. Für gebrauchte Sachen kann dies aber heute in AGB vereinbar werden. Diese Möglichkeit fällt durch das Erfordernis der Ausdrücklichkeit in Zukunft weg.
Beweislastumkehr auf 1 Jahr verlängert
Nach geltendem Recht gilt im Verbrauchsgüterkauf eine Sache als Mangelhaft, wenn sich der Mangel innerhalb von 6 Monaten nach der Lieferung zeigt.
Diese First wird im neuen § 477 Abs. 1 BGB-RefE auf ein Jahr verlängert.
Dies betrifft alle Unternehmen.
Sachen mit digitalen Elementen
Mit dem neuen Gesetz werden außerdem Sondervorschriften für Sachen mit digitalen Elementen eingeführt.
Was das ist, wird in § 475b Abs. 1 S. 2 BGB-RefE definiert:
Eine Sache mit digitalen Elementen ist eine Sache, die in einer solchen Weise digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen enthält oder mit ihnen verbunden ist, dass sie ihre Funktionen ohne diese digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen nicht erfüllen kann.
Hierzu passt der Entwurf die Definition des Sachmangels an und bestimmt insbesondere auch , dass der Unternehmer für einen Mangel dann nicht mehr haftet, wenn der Verbraucher es unterlässt, notwendige Updates vorzunehmen.
Fazit
Der Referentenentwurf enthält zahlreiche Änderungen. Zum Teil werden sich diese in der Praxis nur wenig auswirken (wie etwa die neue Definition des Mangels). Andere Vorschriften – wie etwa die Umkehr der Beweislast oder das Verbot der verkürzten Verjährung bei gebrauchten Sachen in AGB – verursachen Probleme im täglichen Ablauf der Unternehmen. Der Entwurf ist jetzt noch in einem frühen Stadium. Sicherlich wird es im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens noch einige Änderungen geben. Inkrafttreten soll das neue Gesetz dann am 1. Januar 2022. Wir werden Sie über die Entwicklungen auf dem Laufenden halten. (mr)
- Die Entwaldungsverordnung – Neue Pflichten für Händler - 1. Oktober 2024
- Neue Produktsicherheitsverordnung: Was kommt auf Händler zu? - 19. April 2024
- Der Widerrufsbutton kommt - 27. März 2024