EuGH zur Einbeziehung von AGB im B2B-Geschäft

Im B2B-Geschäft spielen AGB eine wesentliche Rolle. Aber wie werden diese überhaupt Vertragsbestandteil? Muss die andere Vertragspartei die AGB ausdrücklich akzeptieren, etwa durch Setzen eines Häkchens? Der EuGH hat sich nun dazu geäußert.

Vor einem belgischen Gericht verklagte ein Unternehmen mit Sitz in Belgien eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz.

Allerdings war in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Schweizer Unternehmens eine Gerichtsstandsklausel enthalten, mit der die Zuständigkeit englischer Gerichte begründet wurde.

Das Schweizer Unternehmen hatte diese AGB jedoch nicht zur Verfügung gestellt oder ausdrücklich akzeptieren lassen. Im Vertrag war lediglich vorgesehen, dass dieser den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Kauf von Erzeugnissen der Beklagten unterliege, wenn in diesem Vertrag oder in anderen zwischen den Parteien geschlossenen Vereinbarungen nichts anderes bestimmt sei.

Luganer Abkommen

Das sog. Luganer Abkommen regelt die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen und bindet alle Mitgliedsstaaten der EU und weitere Vertragsstaaten, zu denen neben Island und Norwegen auch die Schweiz gehört. Die Briten wurden trotz Antrag nach dem Brexit nicht zugelassen. Das Abkommen galt aber noch für den Übergangszeitraum zum Brexit bis zum 31. Dezember 2020.

Nach diesem Abkommen ist eine Gerichtsstandsvereinbarung verbindlich, wenn sie geschlossen wird

a) schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung,

b) in einer Form, welche den Gepflogenheiten entspricht, die zwischen den Parteien entstanden sind, oder

c) im internationalen Handel in einer Form, die einem Handelsbrauch entspricht, den die Parteien kannten oder kennen mussten und den Parteien von Verträgen dieser Art in dem betreffenden Geschäftszweig allgemein kennen und regelmäßig beachten.

d) Elektronische Übermittlungen, die eine dauerhafte Aufzeichnung der Vereinbarung ermöglichen, sind der Schriftform gleichgestellt.

Das beklagte Schweizer Unternehmen war im Rechtsstreit durch die belgischen Instanzen der Ansicht, dass zusammen mit dieser Regelung schon die Möglichkeit des Vertragspartners, Zugriff auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen über einen Link zu erhalten.  nach Art. 23 des Luganer-Abkommen ausreichend sei. Die letzte Instanz legte dem EuGH Fragen hierzu zur Auslegung vor.

Vorlage an den EuGH

Das vorlegende belgische Gericht wollte vom EuGH im Wesentlichen wissen, ob Art. 23 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2 des Lugano‑II-Übereinkommens dahin auszulegen ist, dass eine Gerichtsstandsklausel wirksam vereinbart ist, wenn sie in AGB enthalten ist, auf die ein schriftlich abgeschlossener Vertrag durch Angabe des Hyperlinks zu einer Website hinweist, über die es möglich ist, diese AGB zur Kenntnis zu nehmen, herunterzuladen und auszudrucken, ohne dass die Partei, der diese Klausel entgegengehalten wird aufgefordert worden wäre, diese AGB durch Anklicken eines Feldes auf dieser Website zu akzeptieren.

Entscheidung des EuGH

Der EuGH (Urt. v. 24.11.2022, C-358/21) führte hierzu aus:

Hierzu hat der Gerichtshof in Bezug auf das Brüsseler Übereinkommen entschieden, dass dem Erfordernis der Schriftlichkeit nach Art. 17 Abs. 1 dieses Übereinkommens eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Partei enthaltene Gerichtsstandsklausel grundsätzlich genügt, wenn diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf der Rückseite des Vertrags abgedruckt sind und wenn dieser ausdrücklich auf die genannten Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bezug nimmt oder wenn die Parteien im Text ihres Vertrags auf ein Angebot Bezug genommen haben, das seinerseits ausdrücklich auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinweist, sofern diesem deutlichen Hinweis von einer Partei bei Anwendung der normalen Sorgfalt nachgegangen werden kann und feststeht, dass die die Gerichtsstandsklausel enthaltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen der anderen Partei tatsächlich zugegangen sind.

Nicht ausreichend wären dagegen nur mündliche Vereinbarungen oder spätere Erwähnungen einer Gerichtsstandsklausel nach Vertragsschluss auf einer Rechnung. Allerdings sollten nach einer weiteren Entscheidung mit Blick auf die neuen Möglichkeiten des Internets nur Regelungen gelten, bei denen eine dauerhafte Aufzeichnung möglich ist .

Zwar waren die AGB in dem entschiedenen Fall nicht beigefügt. Allerdings waren sie in den Vertrag einbezogen. Zu einer solchen Einbeziehung meint der EuGH:

Dies gilt jedoch nur für den Fall eines deutlichen Hinweises, dem eine Partei bei Anwendung der normalen Sorgfalt nachgehen kann, und nur, wenn feststeht, dass die die Gerichtsstandsklausel enthaltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen der anderen Vertragspartei tatsächlich zugegangen sind.

Die Regelung im Vertrag der Parteien waren ausreichend deutlich. Für die weitere Möglichkeit, den Regelungen auch nachgehen zu können, reicht es nach dem EuGH-Urteil aus, wenn die AGB verlinkt sind, „sofern dieser Hyperlink funktioniert und von einer Partei mit normaler Sorgfalt geöffnet werden kann“.

In einem solchen Fall vermag dieses Ergebnis nicht durch den Umstand in Frage gestellt zu werden, dass es auf der fraglichen Website kein Feld gibt, das angeklickt werden könnte, um zu erklären, dass diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen akzeptiert werden, oder dass sich die Seite mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen beim Aufrufen dieser Website nicht automatisch öffnet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Mai 2015, El Majdoub, C‑322/14, EU:C:2015:334, Rn. 39), da das Aufrufen dieser Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor Unterzeichnung des Vertrags möglich ist und das Akzeptieren dieser Bedingungen mittels Unterzeichnung durch die betreffende Vertragspartei erfolgt.

Da die bloße Möglichkeit, vor Abschluss des Vertrags Allgemeine Geschäftsbedingungen zu speichern und auszudrucken, ausreicht, um den Formerfordernissen zu genügen, kommt es zudem nicht darauf an, ob die übermittelten Informationen von dem betreffenden Unternehmen „erteilt“ oder dem Vertragspartner „zugegangen“ sind.

Damit hat der EuGH klargestellt und geurteilt, dass

eine Gerichtsstandsklausel wirksam vereinbart ist, wenn sie in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten ist, auf die ein schriftlich abgeschlossener Vertrag durch Angabe des Hyperlinks zu einer Website hinweist, über die es möglich ist, diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Kenntnis zu nehmen, herunterzuladen und auszudrucken, ohne dass die Partei, der diese Klausel entgegengehalten wird, aufgefordert worden wäre, diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch Anklicken eines Feldes auf dieser Website zu akzeptieren.

Fazit

Das Urteil des EuGH gibt der Praxis wichtige Anhaltpunkte für den Einsatz von AGB im grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr bei Einsatz digitaler Mittel. Es reicht also künftig neben einer klaren Regelung zur Einbeziehung ein (funktionierender) Link auf die AGB aus, wenn diese nicht dem Vertragswerk beigefügt sind. (mr)

Wie man seinen Online-Shop überhaupt auf B2B-Geschäfte beschränken kann, hat das OLG Hamm (Urt. v. 16.11.2016, I-12 U 52/16) beschäftigt.

Martin Rätze