Zeitschriften-Flappe als ANZEIGE kennzeichnen?

Der BGH hatte mit Urteil vom 01.07.2010 (I ZR 161/09) über die Zulässigkeit einer Zeitschriftenwerbung zu entscheiden. Die Beklagte hatte über die Titel- und Rückseite einer Zeitschrift ein halbseitiges Vorschaltblatt („Flappe“) eingefügt. Auf der Vorderseite – die Titelseite halb verdeckend – war die Flappe entsprechend dem Titelblatt der Zeitschrift gestaltet. Zusätzlich war jedoch die Aussage „Deutschlands Manager: Wir verplempern zu viel Zeit im Auto und an Flughäfen!“ und „Das sehen Sie genauso? Dann drehen Sie diese Zeitschrift um. Eine Kennzeichnung als „Anzeige“ erfolgte auf der Vorderseite nicht. Auf der Rückseite der Ausgabe befand sich eine eindeutig als Werbung erkennbare Anzeige der Deutschen Bahn.

Die Entscheidung

Der BGH urteilte, dass es sich bei dieser Werbung nicht um eine unzulässige sogenannte getarnte Werbung handele. Von einer solchen sei auszugehen, bei einem vom Unternehmer finanzierten Einsatz redaktioneller Inhalte zu Zwecken der Verkaufsförderung, wenn sich dieser Zusammenhang nicht eindeutig aus dem Inhalt oder der Art der optischen Darstellung ergebe. Die auf der Rückseite der Zeitschrift abgedruckte Werbung war jedoch eindeutig als solche zu erkennen. Einer Kennzeichnung bedurfte es insofern nicht.

Der auf der Vorderseite des Vorblatts befindliche Text erwecke zwar den Eindruck, er sei dem redaktionellen Inhalt der Zeitschrift zuzurechnen. Das beworbene Unternehmen oder Produkt lasse der Text jedoch nicht erkennen. Insofern fehle der Vorderseite der Flappe bei isolierter Betrachtung der Werbecharakter für ein bestimmtes Produkt oder Unternehmen. Ohne ein Zusammenwirken mit der Werbung der Deutschen Bahn auf der Rückseite der Zeitschrift könne der Text auf der Vorderseite nicht verkaufsfördernd wirken. Sofern der Leser jedoch der Aufforderung auf der Vorderseite nachkomme, und die Zeitschrift umdrehe, nehme er beide Seiten als einheitliche Werbemaßnahme war. In diesem Fall erkenne er die Zugehörigkeit des Textes der Vorderseite zu der Werbung der auf der Rückseite und halte sie nicht für eine neutrale Aussage. Eine Kennzeichnung dieser Seite als „Anzeige“ war daher, so der BGH, entbehrlich.

Praxistipp

Grundsätzlich sind redaktioneller Inhalt und Werbung streng voneinander zu trennen. Denn Verbraucher messen redaktionellen oder fachlichen Äußerungen in der Regel mehr Bedeutung zu, als Werbeaussagen eines Unternehmens, weil sie diese als Ergebnis unabhängiger, objektiver und nur der Wahrheit verpflichteter Forschung und Prüfung ansehen. Sofern dem Leser eine entgeltliche Anzeige als redaktioneller Beitrag präsentiert wird, muss diese daher grundsätzlich z.B. mit der Bezeichnung „Anzeige“ gekennzeichnet werden. Ist eine Werbung nicht eindeutige als solche zu erkennen, liegt eine unzulässige wettbewerbswidrige Täuschung vor.

Ein Verstoß gegen das Verbot getarnter Werbung liegt bei einer mehrseitigen Zeitschriftenwerbung jedoch dann nicht vor, wenn der Werbecharakter des Textes auf der ersten Seite zwar nicht eindeutig, nach dem Inhalt der gesamten Werbung jedoch unverkennbar ist und bei einer Kenntnisnahme nur der ersten Seite deren isolierter Inhalt keine Verkaufsförderung bewirkt.

Ob eine Werbeanzeige als solche eindeutig erkennbar ist, und eine Kennzeichnung ausnahmsweise entbehrlich ist oder nicht, ist jedoch immer eine Frage des Einzelfalls. Sollten Sie sich bei der nicht sicher sein, lassen Sie dies vom Anwalt bewerten.