Bei den Angaben „LowCarb“ bzw. „mit wenig Kohlenhydraten“ handelt es sich um nährwertbezogene Angaben, welche nur bei Einhaltung bestimmter Voraussetzungen zulässig sind.
In der Sache, über welche das OLG Hamburg mit Beschluss vom 24.04.2014, Az. 3 W 27/14 zu entscheiden hatte, ging es um die Aufschrift „LowCarb“ auf der Verpackung eines Proteinmüsli-Produkts bzw. um die Werbung für ein solches Produkt mit den der Angabe „mit wenig Kohlehydraten“. Diese Angaben weisen auf eine geringe Menge von Nährstoffen – hier von Kohlehydraten – hin, so dass Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 lit. b) ii) HCVO, jedenfalls aber Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 lit. b) i) HCVO, einschlägig ist.
Nährwertbezogene Angabe
In Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 der Health-Claims-Verordnung (HCVO) wird der Begriff der „nährwertbezogenen Angabe wie folgt definiert:
4. „nährwertbezogene Angabe“ jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Lebensmittel besondere positive Nährwerteigenschaften besitzt, und zwar aufgrund
a) der Energie (des Brennwerts), die es
i) liefert,
ii) in vermindertem oder erhöhtem Maße liefert oder
iii) nicht liefert, und/oder
b) der Nährstoffe oder anderen Substanzen, die es
i) enthält,
ii) in verminderter oder erhöhter Menge enthält oder
iii) nicht enthält;
LowCarb als vergleichende Angabe?
Ein Verbraucher verstehe die Angaben dahin, dass lediglich ein geringer Kohlehydratgehalt des Produkts versprochen wird und nicht ein geringerer Gehalt an Kohlehydraten, was auf ein – auch unbenanntes – Vergleichsobjekt hinweisen könnte, so das Gericht. Denn es heiße nicht „LowerCarb“ oder „mit weniger Kohlehydraten“.
Voraussetzung für nährwertbezogene Angaben
Gemäß Art. 8 Abs. 1 HCVO dürfen nährwertbezogene Angaben nur gemacht werden, wenn sie im Anhang der HCVO aufgeführt sind und den in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen entsprechen.
In dem Anhang der Health-Claims-Verordnung finden sich in bezug auf einen geringen (nicht einen geringeren) gehalt an Kohlenhydraten jedoch keine spezifischen nährwertbezogenen Angaben.
Das OLG Hamburg hat hierzu ausgeführt:
Wegen der vorstehend angeführten nährstoffbezogenen Angaben, die bloß auf einen geringen Gehalt von Nährstoffen hinweisen, ist die Liste der zulässigen Angaben jedenfalls insoweit abgeschlossen, als die zugelassenen Angaben bestimmten Nährstoffen zugewiesen sind. „Voraussichtlich dieselbe Bedeutung“ können in diesem Zusammenhang nur Angaben haben, die den jeweils in der Anlage genannten Nährstoff, also etwa Fette, Salze usw., betreffen. Eine Erweiterung auf Angaben über nicht ausdrücklich angeführte Nährstoffe – wie hier die Kohlehydrate – lässt die erweiternde Klausel zur Zulässigkeit bedeutungsgleicher Angaben hier nicht zu.
Die Antragstellerin verweist zutreffend darauf, dass sich – wie ausgeführt – im Anhang zur HCV mehrere zugelassene Angaben finden, die auf einen geringen Gehalt eines bestimmten Nährstoffs verweisen. So etwa Angaben zu geringem Gehalt von Energie, Fett, gesättigten Fettsäuren oder Salz, die in der deutschen Fassung der Verordnung stets durch die Verwendung des Wortbestandteils „-arm„ bzw. der Worte „Arm an …“ gekennzeichnet sind. In der englischen Fassung der Verordnung (Ast 14) findet dafür das Wort „Low“ Verwendung. Die Angabe „Low Carbohydrate“ bzw. „Kohlehydratarm“ findet sich in der Anlage nicht. Das macht zunächst deutlich, dass der europäische Gesetzgeber eine solche nährwertbezogene Angabe bezogen auf Kohlehydrate von der Zulassung ausgeklammert hat. Entsprechend vertritt die britische Gesundheitsbehörde die Auffassung, dass „Low Carb-Claims“, weil sie in der Liste der zugelassenen nährwertbezogenen Angaben nicht enthalten sind, nicht mehr verwendet werden dürfen.
Eine Zulässigkeit des Claims könne sich auch nicht daraus ergeben, dass die Angabe „reduzierter Kohlehydrat-Anteil“ zulässigerweise verwendet werden könnte. Denn, so das Gericht:
„Im Anhang zur HCV wird zwischen den angeführten Angaben, die auf einen geringen („-arm“ bzw. „low“) Nährstoffanteil hinweisen, und solchen, die auf einen Unterschied zwischen dem Nährstoffanteil in der Nährstoffmenge verschiedener Lebensmittel hinweisen („reduced“ – vgl. Anlage Ast 14), sorgsam unterschieden. Daraus wird deutlich, dass zulässige – vergleichende – nährwertbezogene Angaben, wie die Angabe „Reduzierter [Angabe des Nährstoffs]-Anteil“, also im Streitfall vergleichbar mit „Reduzierter Kohlehydrat-Anteil“, nicht zugleich auch solche Angaben erfassen, mit denen wie auf der angegriffenen Produktverpackung geschehen bloß auf einen geringen bzw. niedrigen („low“, „wenig“) Nährstoffanteil hingewiesen wird.“
Voraussetzung bei vergleichender Angabe
Selbst wenn man die hier angegriffenen Angaben als einen unbenannten Unterfall der Angabe „Reduzierter [Angabe des Nährstoffs]-Anteil“ ansähe, wäre die Angabe im konkreten Fall unzulässig, da die Zulässigkeit einer solchen Angabe zusätzlich nach Art. 9 Abs. 1 HCVO zu beurteilen wäre. Zulässig wären die Angaben nach Art. 9 Abs. 1 Satz 2 HCVO aber nur dann, wenn der Unterschied in der Menge des Nährstoffs im Vergleich zu Lebensmitteln derselben Kategorie und in Bezug auf dieselbe Menge angegeben worden wäre.
Art. 9 Abs. 1 HCVO:
(1) Unbeschadet der Richtlinie 84/450/EWG des Rates ist ein Vergleich nur zwischen Lebensmitteln derselben Kategorie und unter Berücksichtigung einer Reihe von Lebensmitteln dieser Kategorie zulässig. Der Unterschied in der Menge eines Nährstoffs und/oder im Brennwert ist anzugeben, und der Vergleich muss sich auf dieselbe Menge des Lebensmittels beziehen.
(2) …
Eine solche vergleichende Angabe war auf dem Produkt jedoch nicht angegeben.
Das Gericht untersagte die Werbung für das Müsli mit den Angaben „LowCarb“ bzw. „mit wenig Kohlehydraten“.
Fazit:
Bei der Verwendung nährwertbezogener Angaben ist immer genau darauf zu achten, ob die Voraussetzungen für die Verwendung eingehalten werden. Wie dieser Fall zeigt, kommt es für die Zulässigkeit bzw. die einzuhaltenden Voraussetzungen auf den genauen Wortlaut an (z.B. low oder lower).
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