Das Amtsgericht München hat sich mit der Anfechtbarkeit eines über Ebay geschlossenen Kaufvertrages befasst (Urteil vom 9. März 2017, Az. 274 C 21792/16). Der Verkäufer hatte die angebotene Ware versehentlich nicht zur Auktion, sondern zum Sofortkauf angeboten.
700 Euro-Koffer zum Sofortkauf für 1 Euro
Der Beklagte wollte einen hochwertigen Koffer mit einem Neuwert von 300 bis 700 Euro bei eBay als Auktion mit einem Startpreis von 1 Euro anbieten. Versehentlich stellte er den Koffer jedoch zum Sofortkauf zum Preis von 1 Euro ein. Der Kläger nahm das Sofortkauf-Angebot an und erhielt kurz darauf vom Beklagten die folgende Nachricht:
Sorry, das war als eine Auktion gedacht! Leider waren Sie schneller, wie ich den Fehler merkte! Ich werde es von meiner Seite Annulieren, da sie die Zeit der geboten haben wie es bearbeitet wurden ist.
Schadensersatz i.H.v. 699 Euro verlangt
Daraufhin trat der Kläger wegen Nichterfüllung vom Kaufvertrag zurück und verlangte Schadensersatz in Höhe von 699 Euro (700 Euro des veranschlagten Kofferwertes abzüglich des vereinbarten Kaufpreises von 1 Euro).
Dies lehnte der Beklagte ab. Er habe eine Auktion mit einem Startpreis von 1 Euro zunächst lediglich als Vorschau erstellen wollen. Die Buttons für den die Auktion und für den Sofortkauf seien derart angeordnet, dass eine Verwechslung möglich sei.
Er sei nur „kurz auf die Toilette gegangen und habe sich mit seiner Tochter unterhalten“, als er über sein Handy die Nachricht erhalten habe, dass der Koffer bereits verkauft sei. Er habe den Koffer nicht zu einem solch niedrigen Preis verkaufen wollen. Im Übrigen habe er ihn anderweitig über eine Auktion für 361 Euro verkauft. Mit der oben zitierten Nachricht habe er die Anfechtung des Kaufvertrages erklärt.
Das Gericht teilte die Ansicht des Beklagten. Es sei bereits kein Kaufvertrag zustande gekommen bzw. wurde dieser wirksam vom Beklagten angefochten.
Verwechslung der eBay-Buttons möglich
Aufgrund der Angaben des Beklagten, seiner ursprünglichen Email und der eingesehenen Website von eBay war das Gericht davon überzeugt, dass der Beklagte tatsächlich einem Erklärungsirrtum unterlag und damit ein Anfechtungsgrund gegeben war.
Nach Inaugenscheinnahme der Website erscheint es dem Gericht durchaus möglich, dass ein Fehler wie vorliegend passiert. Zum einen liegen die entsprechenden Eintragsfelder bzw. Buttons eng neben- oder übereinander, so dass eine Verwechslung möglich ist. Zudem wechselt eBay offenbar häufig die genaue Gestaltung, so dass auch erfahrene Nutzer den Überblick verlieren können. Schließlich spricht auch die sofortige Reaktion des Beklagten in seiner Mitteilung an den Kläger für die Wahrheitsgemäßheit seiner Angaben.
Dass die Beklagte bei der Erklärung der Anfechtung nicht die Terminologie des Gesetzes verwendete (Fehler“ statt „Irrtum“ und „annullieren“ statt „anfechten“), sei unerheblich.
Fazit
Der Abbruch eines eBay-Kaufs ist sowohl für den Käufer als auch für den Verkäufer nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. In Betracht kommt etwa eine Anfechtung wegen eines Erklärungsirrtums, wenn sich der Verkäufer z.B. bei der Eingabe des Start- oder Verkaufspreises vertippt hat. Dasselbe soll nun nach Ansicht des Amtsgerichts München auch dann gelten, wenn der Verkäufer versehentlich die falsche Verkaufsform angeklickt hat. Der Verkäufer muss jedoch nachweisen können, dass es sich dabei um ein Versehen handelte.
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