Eigentlich sind wir doch immer dankbar, wenn eine von uns erwartete Sendung beim Nachbarn abgegeben wurde und wir nicht mühsam im Rahmen der Öffnungszeiten zur Filiale des Zustellers laufen müssen, um dort das Packet entgegen zu nehmen. Alles wunderbar, solange das Verfahren klappt und wir Kenntnis davon erlangen, welcher Nachbar das Packet entgegen genommen hat und es schließlich zeitnah und wohlbehalten bei uns ankommt.
Ist dies nicht der Fall stellt sich die Frage der Zulässigkeit der Nachbarschaftszustellung. Im Hinblick darauf hatte jetzt das OLG Köln, Urt. v. 02.03.2011, Aktz.: 6 U 165/10 über die Wirksamkeit der nachfolgend wiedergegebenen Klausel in den Beförderungsbedingungen eines großen Versenders zu entscheiden:
„4 Leistungen der XX
(3) XX darf Sendungen, die nicht in der in Absatz 2 genannten Weise abgeliefert werden können, einem Ersatzempfänger aushändigen. Dies gilt nicht für Sendungen mit dem Service „Eigenhändig“, Express-Sendungen mit dem Service „Transportversicherung 25.000,- Euro.
Ersatzempfänger sind
1. Angehörige des Empfängers oder des Ehegatten, oder
2. andere, in den Räumen des Empfängers anwesende Personen, sowie dessen Hausbewohner und Nachbarn, sofern den Umständen nach angenommen werden kann, dass sie zur Annahme der Sendung berechtigt sind; EXPRESS BRIEFE werden nicht an Hausbewohner und Nachbarn ausgehändigt.“
Anders als die Vorinstanz beurteilten die Richter in der Berufungsinstanz die Klausel in ihrer derzeitigen Gestaltung als unwirksam.
Die Begriffe „Hausbewohner“ und „Nachbar“
So hieß es bereits im Hinblick auf die verwendeten Begrifflichkeiten zur Eingrenzung des Kreises innerhalb dessen zugestellt werden darf, der Senat „neige der Auffassung zu, die in der Klausel verwendeten Begriffe „Hausbewohner“ und „Nachbar“ seien zu unbestimmt mit der Folge der Unwirksamkeit der Klausel gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Eine abschließende Entscheidung dazu erfolgte jedoch nicht, denn es sei – so die Richter – zu berücksichtigen, dass den Begriffen im Gesamtzusammenhang der Klausel keine entscheidende Bedeutung zukomme, denn sie dienten lediglich dazu, einen räumlichen Bereich zu bestimmen, innerhalb dessen eine Ersatzzustellung vorgenommen werden könne.
Zur Annahme der Sendung berechtigt?
Damit war dann schließlich der andere Teil der Klausel entscheidend, nämlich die Prüfung, ob den „Umständen nach angenommen werden kann, dass [diese Person] … zur Annahme der Sendung berechtigt“ ist.
Das Gericht beurteilte es als fraglich, ob die von dem Zusteller bei der Auswahl des Ersatzempfängers zu beachtenden Pflichten in der Klausel hinreichend geregelt seien. Auch dies konnte aber in der Entscheidung dahin stehen, da die Klausel nach Auffassung des Senats deshalb bereits zu einer unangemessenen Benachteiligung führte, als bei dem Verfahren der Ersatzzustellung den berechtigten Interessen des Empfängers nicht in dem Maße Rechnung getragen wird, wie dies dem Zusteller ohne weiteres möglich und zumutbar wäre.
Verpflichtung zur bereits gelebten Praxis
Die Ersatzzustellung müsse so ausgestaltet sein, dass sie den wechselseitigen Interessen im Rahmen des jeweils Zumutbaren so weit wie möglich Rechnung trage, was bei der angegriffenen Klausel nicht der Fall sei. Es wurde vorgetragen, dass die Zusteller in der Praxis dem Empfänger einer Sendung eine Benachrichtigung über die Ersatzzustellung, insbesondere mit der Angabe des Ersatzempfängers, zukommen ließen, etwa durch Einwurf in den Briefkasten.
Dieses Verfahren praktiziere man – so das Gericht – zu Recht, denn es müsse – damit den Interessen des Absenders und des Empfängers hinreichend Rechnung getragen werden. Es müsse zumindest dafür gesorgte werden, dass der Empfänger einer Sendung von dieser erfahre und er wisse, wo er die Sendung abholen kann. In der Klausel fehle es aber gerade an einer dahin gehenden rechtlichen Verpflichtung.
Fazit
Der entscheidende Punkt, warum der Senat des OLG die Nachbarschaftsklausel hier als unwirksam betrachtete, war nun der Aspekt, dass das Verfahren zur Benachrichtigung des Empfängers einer Sendung dahin gehend, wo er die Sendung abholen könne, nicht hinreichend rechtlich bindend in der Klausel festgelegt wurde, obwohl dies dem Zusteller zumutbar sei und bereits in der Praxis praktiziert werde.
Ob aber allein eine Präzisierung der Klausel dahin gehend ausreichen wird erscheint fraglich. Dazu hat der Senat zu viele andere Aspekte angesprochen, die die Klausel auch ansonsten zu unbestimmt erscheinen ließen, über die aber im zugrunde liegenden Fall nicht entschieden werden musste.
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