Eine nationale Regelung, nach welcher Behörden dazu berechtigt sind, die Öffentlichkeit unter Nennung des Lebensmittels und des Lebensmittelunternehmens, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel hergestellt bzw. in den Verkehr gelangt ist, zu informieren, verstößt nicht gegen europäisches Recht. Dies entschied der EuGH mit Urteil vom 11.04.2013.
Danach dürfen Behörden die Öffentlichkeit schon dann unter Angabe der Bezeichnung des Lebensmittels und des Herstellers informieren, wenn das Lebensmittel für den Verzehr ungeeignet ist. Eine Gesundheitsgefahr muss von dem Lebensmittel nicht ausgehen.
Anlass des Rechtsstreits waren Kontrollen, welche das Veterinäramt Passau im Januar 2006 bei einem Unternehmen durchgeführt hatte, welches auf dem Gebiet der Verarbeitung und des Vertriebs von Wildfleisch tätig war. Bei den Untersuchungen stellte sich heraus, dass die Lebensmittel für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet waren.
Im Folgenden informierte der Verbraucherschutzminister des Freistaats Bayern in drei Pressemitteilungen über den Rückruf der fraglichen Produkte. Es wurde bekannt gegeben, dass die Untersuchungen ergeben hätten, dass genommene Proben ranzig, stickig, muffig oder sauer gerochen hätten und in manchen Fällen der Fäulnisprozess bereits eingesetzt habe. Zudem wurde darüber informiert, dass in bestimmten Betriebsstätten des Unternehmens ekelerregende hygienische Zustände vorgefunden worden seien und vorübergehend verboten worden sei, die in diesen Betriebsstätten hergestellten Produkte in den Verkehr zu bringen.
Kurze Zeit später musste das fragliche Unternehmen Insolvenz anmelden.
Das Unternehmen erhob im Folgenden Klage gegen den Freistaat Bayern und verlangte Schadensersatz. Dieser Rechtsstreit wurde bis zu dem EuGH getragen, welcher sich mit der Frage auseinandersetzen musste, ob die Regelung, welche eine entsprechende Information der Öffentlichkeit zulässt, mit europäischem Recht vereinbar ist.
Denn Art. 10 der Verordnung Nr. 178/2002 beschränkt sich darauf, den Behörden eine Informationspflicht aufzuerlegen, wenn ein hinreichender Verdacht besteht, dass ein Lebensmittel ein Risiko für die Gesundheit von Menschen mit sich bringen kann.
Art. 10 der Verordnung Nr. 178/2002 sei jedoch dahin auszulegen,
dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der eine Information der Öffentlichkeit unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels und des Unternehmens, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht wurde, zulässig ist, wenn ein Lebensmittel zwar nicht gesundheitsschädlich, aber für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet ist.
Das Gericht weist in dem Zusammenhang darauf hin, dass die Mitgliedsstaaten berechtigt sind, Informationen über die Sicherheit und Risiken von Lebensmitteln bekannt zu geben (Art. 17 Abs. 3 der Verordnung 178/2002).
Ein Lebensmittel, welches für den Verzehr durch den Menschen nicht geeignet ist, sei als „nicht sicher“ einzustufen. Denn:
Ein Lebensmittel genügt nämlich, soweit es für den Verzehr durch den Menschen inakzeptabel und damit auch ungeeignet ist, nicht den Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit, wie sie aus Art. 14 Abs. 5 der Verordnung Nr. 178/2002 hervorgehen, und kann jedenfalls die Verbraucherinteressen beeinträchtigen, deren Schutz gemäß Art. 5 dieser Verordnung zu den Zielen gehört, die mit dem Lebensmittelrecht verfolgt werden.
Unter den konkreten Umständen sei insofern eine Information über der Öffentlichkeit zulässig gewesen, auch wenn die Lebensmittel nicht direkt schädlich für die menschliche Gesundheit waren. Es sei vielmehr für eine entsprechende Information ausreichend, dass Lebensmittel aufgrund ihrer Ungeeignetheit für den Verzehr durch den Menschen nicht den genannten Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit genügen.
Weitere Informationen zu dem Thema:
Urteil des EuGH vom 11. April 2013 Rechtssache C-636/11
Pressemitteilung des EuGH vom 11. April 2013
Bericht bei Legal Tribune Online
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