Die Bezeichnung „Steevia-Fluid“ oder „Stevia-Blätter“ für ein Süßungsmittel kann irreführend sein

Die Bezeichnungen „Steevia-Fluid“ oder „Stevia-Blätter“ sowie die bildliche Darstellung eines Stevia-Blattes auf der Verpackung eines flüssigen Süßungsmittels können irreführend sein, wenn nicht zugleich in erkennbarer Weise darauf hingewiesen wird, dass das Produkt lediglich aus der Pflanze gewonnene Steviolglycoside enthält.

Anlass der Auseinandersetzung vor dem OLG Karlsruhe (Beschluss vom 31.10.2013, Az. 4 U 117/13) war der Vertrieb eines flüssigen Süßungsmittels. Diese wurde von der Beklagten mit dem Namen „…-Fluid“ unter ihrer Firma „…“ im Einzelhandel und im Internet angeboten.

Angabe der Verkehrsbezeichnung im Zutatenverzeichnis

Nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 LMKV ist bei Lebensmitteln in Fertigpackungen ein Verzeichnis der Zutaten anzugeben. In diesem Zutatenverzeichnis sind die einzelnen Zutaten gemäß § 4 Abs. 1 1. Alt., 6 Abs. 3 LMKV mit ihrer Verkehrsbezeichnung anzugeben. Für Bestimmte Stoffe werden jedoch in Bezug auf diese Angabe konkrete Vorgaben gemacht. So heißt es etwa in § 6 Abs. 4 Nr. 2 LMKV:

„(4) Abweichend von Absatz 3

1. (…)

2. müssen Stoffe der Anlage 2 der Zusatzstoff-Verkehrsverordnung, die zu einer der in Anlage 2 aufgeführten Klassen gehören, ausgenommen physikalisch oder enzymatisch modifizierte Stärken, mit dem Namen dieser Klasse, gefolgt von der Verkehrsbezeichnung oder der E-Nummer angegeben werden; gehört eine Zutat zu mehreren Klassen, so ist die Klasse anzugeben, der die Zutat auf Grund ihrer hauptsächlichen Wirkung für das betreffende Lebensmittel zuzuordnen ist; der Klassenname „modifizierte Stärke“ ist durch die Angabe der spezifischen pflanzlichen Herkunft zu ergänzen, wenn diese Zutaten Gluten enthalten könnten; im Übrigen genügt bei chemisch modifizierten Stärken die Angabe des Klassennamens;“

Für das hier streitgegenständliche Süßungsmittel konnte danach die Zutat entweder als Steviolglycosid oder als E 960 bezeichnet werden.

Die Beklagte hatte in der Vergangenheit den Zusatzstoff jedoch nur als „Stevia-Extrakt“ in der Zutatenliste angegeben. Darin lag insofern ein Verstoß gegen die Kennzeichnungsvorschriften.

Abbildung von Blättern der Stevia-Pflanze

In dem Rechtsstreit wurde weiter thematisiert, unter welchen Voraussetzungen die Begriffe „…-Fluid“ oder „Stevia-Blätter“ verwendet bzw. ob die Blätter der Pflanze bildlich dargestellt werden dürfen. Das OLG Karlsruhe führte hierzu aus:

„11 Abs. 1 LFGB verbietet es, Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung in den Verkehr zu bringen. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn bei einem Lebensmittel zur Täuschung geeignete Bezeichnungen, […], Aufmachungen, Darstellungen oder sonstige Aussagen über Eigenschaften, insbesondere über Art, Beschaffenheit, Zusammensetzung, […] oder Art der Herstellung oder Gewinnung verwendet werden (§ 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 LFGB). Die Begriffe …-Fluid“ oder „Stevia-Blätter“ oder die Darstellung der Blätter kann bei den angesprochenen Verkehrskreisen, zu denen auch der Senat zählt, jedoch nur unter besonderen Umständen unrichtige Vorstellungen über das Produkt erwecken.“

Das Gericht nahm zwar an, dass die Bezeichnung des Lebensmittels als „S…-luid“ zwar für sich gesehen irreführend sein kann, weil sie einem durchschnittlich informierten Verbraucher suggerieren kann, es handle sich um Stevia-Pflanzen in flüssiger Form. Eine solche fehlerhafte Vorstellung über die Zusammensetzung, die Art der Herstellung und Gewinnung des Süßstoffs könne aber beseitigt werden, wenn zugleich erkennbar darauf hingewiesen wird, dass das Produkt lediglich aus der Pflanze gewonnene Steviolglycoside enthält.

In Bezug auf die Abbildung von Blättern auf der Verpackung führe das Gericht aus:

„Irreführend ist die Abbildung der Blätter wie auf dem Etikett zu sehen nämlich nur dann, wenn die angesprochenen Verkehrskreise daraus schließen könnten, die Flasche enthalte Stevia-Pflanzen(teile). Dieser Eindruck entsteht erst in Verbindung mit dem Begriff „…-Fluid“ und nur dann, wenn nicht an anderer Stelle auf die tatsächliche Zusammensetzung hingewiesen ist (…). Auch eine besondere „Natürlichkeit“ des Produkts wird allein durch die Abbildung der Blätter noch nicht suggeriert (…).“

Gleiches gilt für die Verwendung des Begriffs „Stevia-Blätter“. Dies allein könne keine Irreführung bewirken, so das Gericht.

„Zulässig wäre beispielsweise die Darstellung, das Mittel enthalte Steviolglycoside aus Stevia-Blättern.“

Bei einer solchen Formulierung werde ein bestimmter Herstellungsprozess suggeriert noch entstehe der Eindruck, das Produkt enthalte Stevia-Blätter als Ganzes.

Fazit

Bei dem Verkauf von Lebensmitteln sind eine Vielzahl von Vorschriften zu beachten. So ist u.a. auf eine ordnungsgemäße Angabe eines Zutatenverzeichnisses zu achten. Auch irreführende Begriffe dürfen nicht verwendet werden.

Helena Golla