Bewerbung von Bier als bekömmlich ist unzulässig

Darf man Bier als „bekömmlich“ bewerben. Dieser Frage ging das OLG Stuttgart nach. Das Ende

Sachverhalt

Die beklagte Brauerei bewarb im Jahr 2015 drei ihrer Biersorten wie folgt mit dem Begriff „bekömmlich“:

  • Für die Biersorte „…-Gold“ mit einem Alkoholgehalt von 5,1 %: „Bekömmlich, süffig – aber nicht schwer.“
  • Für die Sorte „Hopfenleicht“ mit einem Alkoholgehalt von 2,9 %: „… feinwürzig und herzhaft im Geschmack, erfrischend bekömmlich für den großen und kleinen Durst“
  • Für die Sorte „…-Hell“ mit einem Alkoholgehalt von 4,4 %: „Bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt reift es in Ruhe aus, wodurch es besonders bekömmlich wird.“

Entscheidung des LG Ravensburg

Bereits das LG Ravensburg hatte der Klage auf Unterlassung der Werbung mit stattgegeben.

OLG Stuttgart bestätigt Unzulässigkeit

Auf die Berufung der Brauerei bestätigte das OLG Stuttgart die Entscheidung der Vorinstanz. Die beanstandete Werbung verstoße gegen § 3a UWG in Verbindung mit den Vorschriften der Health-Claims-Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 (HCVO).

Danach dürfen Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent keine gesundheitsbezogenen Angaben tragen (vgl. Art. 4 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Nr. 5).

Gesundheitsbezogene Angabe

Gesundheitsbezogene Angaben sind Angaben, mit denen erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht.

Das Gericht hatte also darüber zu entscheiden, ob es sich bei dem Begriff „bekömmlich“ um eine solche gesundheitsbezogene Angabe handelt.

Angaben für alkoholische Getränke dürfen nicht mehrdeutig sein

Das OLG Stuttgart stützt sich in seinem Urteil auf eine Entscheidung des EuGH, in welcher über die Zulässigkeit der Bezeichnung „bekömmlich“ für Wein entschieden wurde (Urteil des EuGH vom 06.09.2012 Rs. C-544/10 – Deutsches Weintor).

Nach diesem Urteil müssen Angaben zu den (von der Verordnung erfassten) alkoholischen Getränken frei von jeder Mehrdeutigkeit sein. Zudem habe der Gerichtshof einen Gesundheitsbezug auch dann bejaht, wenn mit einer Angabe impliziert wird, dass negative oder schädliche Auswirkungen für die Gesundheit, die normalerweise mit dem Konsum verbunden sind, bei dem beworbenen Produkt fehlen oder geringer ausfallen.

In der Pressemitteilung des OLG Stuttgart zu dem Urteil heißt es:

Nach den gängigen Wörterbüchern sei „bekömmlich“ gleichzusetzen mit „zuträglich“, „leicht verdaulich“ oder „gesund“. Auch der Begriff „zuträglich“ schließe nicht nur ein allgemeines Wohlbehagen ein, sondern sei im Sinne eines „Langzeitversprechens“ zu verstehen, dass das beworbene Lebensmittel auch bei längerem Konsum in keiner Weise schade.

Dass manche Konsumenten die Brauerei der Beklagten mit dem Werbespruch „Wohl bekomm‘s“ in Verbindung brächten, schränke den Aussagegehalt nicht ein. „Wohl bekomm‘s“ sei – im Sinne eines Trinkspruchs – ein Wunsch, „bekömmlich“ dagegen ein Versprechen.

Fazit

Die Werbung für Lebensmittel unterliegt zahlreichen Restriktionen und es ist genau drauf zu achten, die Vorgaben einzuhalten. Sonst drohen Abmahnungen.

Für die Bewerbung mit der Bezeichnung „bekömmlich“ sieht das Gericht jedoch ggf. eine Lösung. Gemäß Art. 1 Abs. 4 der HCVO kann für Bezeichnungen, die „traditionell zur Angabe einer Eigenschaft einer Kategorie von Lebensmitteln oder Getränken verwendet werden und die auf Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit hindeuten könnten“, eine Ausnahme vom Verbot gesundheitsbezogener Angaben zugelassen werden.

Solange eine solche Befreiung jedoch nicht erteilt ist, bleibt die Verwendung der Bezeichnung „bekömmlich“ zur Bewerbung von Bier unzulässig.
Die Revision zum BGH wurde jedoch zugelassen. Es bleibt abzuwarten, ob die beklagte Brauerei diesen Weg beschreiten wird.

Pressemitteilung des OLG Stuttgart vom 03.11.2016

Helena Golla