Generalanwalt: Keine Pflicht zur Angabe der Telefonnummer für Versandhändler

Online-Händler müssen bestimmte Angaben über ihre Identität im Shop bereithalten. Ob diese Verpflichtung aber auch die Angabe einer Telefonnummer umfasst, ist umstritten. Der vzbv wollte dies klären lassen und hatte deswegen amazon verklagt. Amazon gab keine Telefonnummer an, bot dafür verschiedene andere Kommunikationskanäle. Jetzt hat der Generalanwalt beim EuGH seine Schlussanträge dazu vorgestellt.

Das Gesetz sieht vor, dass ein Unternehmer unter anderem über

„seine Identität, beispielsweise seinen Handelsnamen sowie die Anschrift des Ortes, an dem er niedergelassen ist, seine Telefonnummer und gegebenenfalls seine Telefaxnummer und E-Mail-Adresse sowie gegebenenfalls die Anschrift und die Identität des Unternehmers, in dessen Auftrag er handelt,“

informiert.

Was aber genau heißt „gegebenenfalls“?

Dazu kommt: In der Verbraucherrechterichtlinie steht das „gegebenenfalls“ vor „seine Telefonnummer“. Der deutsche Gesetzgeber hat das Wort einfach an eine andere Stelle geschrieben, obwohl er von den europäischen Vorgaben nicht abweichen durfte.

Kontakt zu Amazon

Amazon stellte dem Verbraucher verschiedene Wege zur Verfügung, wie der Verbraucher mit dem Unternehmen Kontakt aufnehmen konnte. Dazu gehörte die Möglichkeit, einen Rückruf anzufordern, einen Chat zu starten oder eine Nachricht über ein Kontaktformular zu senden. Eine Telefonnummer nannte Amazon jedoch nicht. Hieran störte sich der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und verklagte Amazon.

Der BGH wollte vom Europäischen Gerichtshof wissen, wie der Ausdruck „gegebenenfalls“ richtig auszulegen ist. Zudem fragte er, ob der im Gesetz angeführte Katalog von Kommunikationsmitteln (Telefon, Telefax, E-Mail) abschließend ist. Schließlich wollte er wissen, welchen Inhalt das vom Unternehmer zu beachtende Transparenzgebot hat.

Berücksichtigung von Unternehmerinteressen

Die Berücksichtigung von Unternehmerinteressen durch den EuGH setzt sich erfreulicherweise auch in den Schlussanträgen des Generalanwalts fort. Es sei Ziel der Richtlinie, ein immer höheres Schutzniveau für den Verbraucher zu erreichen. Zugleich ist die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu gewährleisten.  Daher sei das höchste Schutzniveau für den Verbraucher zu gewährleisten, ohne dabei in die Gestaltungsfreiheit des Unternehmers stärker einzugreifen, als es zur Erreichung des oben genannten Zwecks unbedingt erforderlich sei.

Effiziente Kontaktaufnahme

Ein wirksamer Schutz wird nicht durch eine bestimmte Kontaktaufnahme, etwa durch Telefon sichergestellt, so der Generalanwalt.

Es komme vielmehr darauf an, dass im konkreten Fall gleichzeitig folgende Ziele der Richtlinie gewährleistet werden können:

  • dass der Verbraucher mit dem Unternehmer schnell Kontakt aufnehmen und effizient mit ihm kommunizieren kann und
  • dass die Informationen in klarer und verständlicher Weise erteilt werden.

Kommunikationsmittel nur beispielhaft aufgeführt

Der Generalanwalt schlägt dem Gerichtshof daher vor festzustellen, dass für im Fernabsatz und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge die Aufzählung Kommunikationsmittel (Telefon, Telefax, E-Mail) in der Richtlinie lediglich beispielhaft sei. Der Unternehmer könne daher frei wählen, welche Mittel er für den Kontakt mit dem Verbraucher zur Verfügung stelle. Damit kommen auch z.B. Internet-Chat oder ein automatisches Rückrufsystem in Betracht. Zudem folge aus den Zielen die Notwendigkeit, dass der Unternehmer dem Verbraucher mehrere Kommunikationsmittel zur Verfügung stelle und damit dessen Wahlfreiheit gewährleiste.

Vorhandenes muss nicht angegeben werden

Was die Bedeutungdes Ausdrucks “gegebenenfalls” in Bezug auf die drei Kommunikationswege zwischen Unternehmer und Kunden (Telefon, Telefax, E-Mail) angeht, schlägt der Generalanwalt dem Gerichtshof vor, festzustellen, dass dieser Ausdruck zum einen den Unternehmer nicht dazu verpflichte, einen Telefon-oder Faxanschluss bzw. ein E Mail-Konto neu einzurichten, wenn er sich entschließe, Fernabsatzverträge abzuschließen, und zum anderen, “für den Verbraucher bereitgestellte Mittel”, bedeute, und nicht, “im Unternehmen vorhandene”: Nicht alles, was in einem bestimmten Zusammenhang existiere oder vorhanden sei, sei nämlich verfügbar oder stehe jedem zur Verfügung, der es benutzen wolle.

Das ist uneingeschränkt zu begrüssen.

Fazit:

Zwar folgt der EuGH häufig den Schlussanträgen, aber nicht immer. Hier wäre es zu wünschen. Dann muss der Unternehmer dafür sorgen, dass der Verbraucher schnell und effizient kommunizieren kann. Der Verbraucher muss auch unter mehreren Kommunikationsmitteln wählen können. Der Unternehmer ist aber nicht mehr festgelegt auf bestimmte Kommunikationsmittel.

Martin Rätze